Neck Of The Woods – The Annex Of Ire

| 16. März 2020 | 0 Comments
Neck Of The Woods

(c) Shimon Karmel

Mal eben im Vorbeigehen die Grenzen des Machbaren im Prog-Sektor aufbrechen: Neck Of The Woods machen keine halben Sachen. Die Kanadier vertreten die extreme Seite des Genres, arbeiten mit Death- und Core-Elementen, mit packenden Melodien und unerwarteten Wendungen. Für das erste Album gab es Award-Nominierungen und ausdauernde Live-Aktivitäten, kurz danach unterschrieb man bei Pelagic Records. Auf „The Annex Of Ire“ setzt es nun erwartungsgemäß mehr von allem.

Gleich zu Beginn lauert der Titelsong, ein siebenminütiges Mammut, bei dem sich die Spreu vom Weizen trennt. Der Aufgalopp ist zäh, dann katapultiert sich das Quintett urplötzlich in media res. Wilder Gummitwist, angedeuteter Sludgecore und weite Melodieflächen treffen auf fiese Growls und Screams, es wird dreckig und doch eingängig. Zur Halbzeit bricht das Geschehen, es wird ruhig und nachdenklich, beinahe schon meditativ. Und dann setzt es ein wenig Brutal Death. Und ein klassisches Gitarrensolo. Gojira, frühe Opeth und Between The Buried And Me prügeln wild aufeinander ein.

Ist die Auftakthürde erst einmal überwunden, wird es… nicht netter. Im Gegenteil, „Ambivalence“ spuckt Gift und Galle. Die Action am Schlagzeug alleine macht diese Ballerburg erwähnenswert, hinten raus setzt es Gitarren- und Bass-Soli. Auch „Crosshairs Will Shift“ beginnt straight und wuchtig, kokettiert mit Death Metal der alten Schule. Dabei bleibt es allerdings nicht lang, denn eine Prise Dream Theater kollidiert mit ordentlich Revocation. Die weit offenen Strukturen von „Strange Consolation“ lassen ranziges Math-Gefrickel, jazzige Einschübe und skandinavische Brutalität zu, zwischendurch machen sich sogar einzelne versöhnliche Töne breit.

Unfassbar neben der Spur und schwer greifbar, aber wohl gerade deswegen so packend: „The Annex Of Ire“ torpediert selbst vertraute Extreme-Prog-Schemata mit einer noch diffizileren Mischung aus Feinmechanik und Brechstange. Brutalster Schwedenstahl, abgefahrene Saitenhexerei, Metalcore-Zugeständnisse und jazziger Prog Rock prügeln aufeinander ein, nur um sich im nächsten Moment innig zu umarmen. Klarer Sieger ist die Hörerschaft, denn obwohl Neck Of The Woods einiges an Sitzfleisch verlangen, belohnen sie die Geduld mit einer packenden, energiegeladenen Platte voller Musikalität und guter Ideen. Auf die Kanadier muss man künftig unbedingt achten.

Wertung: 8/10

Erhältlich ab: 20.03.2020
Erhältlich über: Pelagic Records (Cargo Records)

Facebook: www.facebook.com/neckofthewoodsband

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Category: Magazin, Reviews

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