Heaven Shall Burn – Heimat

(c) Candy Welz
Ausgerechnet „Of Truth And Sacrifice“: Ein ambitioniertes, anspruchsvolles Doppelalbum mit ordentlich Experimenten verhalf Heaven Shall Burn im Frühjahr 2020 zu ihrem ersten Nummer-Eins-Album in Deutschland, hierzulande reichte es für einen starken vierten Platz. Es war der mehr als verdiente Lohn jahrzehntelanger harter Arbeit. Mainstream-Blut hat das Quintett aus Thüringen deshalb selbstverständlich noch lange nicht geleckt und konzentriert sich stattdessen auf ein schwieriges Unterfangen. „Heimat“ setzt sich intensiv mit einem umstrittenen, durch widerwärtige Gestalten missbrauchten und zweckentfremdeten Begriff auseinander.
Dieses Mal gab es keine straffen Deadlines – die Songs durften sich entwickeln und wachsen. Zu den zentralen Themen der Platte zählt Krieg, eingerahmt durch die klassisch untermalten Stücke „Ad Arma“ und „Inter Arma“. Der Griff zu den Waffen trifft auf Bombast, wenn das unter dem Eindruck des Ukraine-Kriegs „War Is The Father Of All“ von einem Chor ukrainischer Musiker:innen begleitet wird. So verdammt groß hört man Heaven Shall Burn nur selten, und doch ist der Kern vertraut: Melodic Death Metal der brachialen und zugleich intelligenten Sorte. Mehrfache kleine und große Häutungen, Göteborger Sehnsucht, gewohnt infernale Vocals und das Spiel mit Mustern aus der Klassik unter der Leitung von Dirigent Wilhelm Keitel erschaffen Großes. Das muss man erst einmal sacken lassen.
Viel Zeit bleibt dafür nicht, denn in weiterer Folge brennt das deutsche Quintett ein wahres Feuerwerk ab. „Ten Days In May“ wogt auf gigantische Weise hin und her, nur um einen urplötzlichen Nackenschlag zu setzen und ebenso durch die Decke zu gehen wie das kantige „My Revocation Of Compliance“ (verzerrte Screams inklusive) oder das frontale „Those Left Behind“. Eine Cover-Version gibt es natürlich ebenfalls: Für den Killswitch Engage-Klassiker „Numbered Days“ konnten Heaven Shall Burn tatsächlich deren Frontmann Jesse Leach gewinnen – ein packendes Happening mit zwei großartigen Stimmen. Wenn schließlich „A Silent Guard“ langsam, aber sicher der Finalität entgegensteuert und mit pointierter Härte abräumt, ist alles eitel.
Mächtig melodisch, brutal hart, zudem anspruchsvoll und aufwühlend zu jeder Zeit: Heaven Shall Burn bleiben zwar bei aller Urgewalt willkommen eingängig, sofern man das für Melodic-Death-Verhältnisse sagen kann, und gehen doch keinerlei Kompromisse ein. Die intensive Auseinandersetzung mit einem eigentlich wunderschönen, doch viel zu oft von Rechtsaußen- und rechtsextremen Arschkrampfen instrumentalisierten Begriff, gerade in Zeiten eskalierender globaler Konflikte, geht wieder und wieder an die Substanz. „Heimat“ wagt viel, gewinnt auf ganzer Linie und zeigt einmal mehr laut und deutlich, das aktuell wohl niemand dem Mut, der Intensität und der lyrischen wie musikalischen Intelligenz von Heaven Shall Burn das Wasser reichen kann.
Wertung: 9/10
Erhältlich ab: 27.06.2025
Erhältlich über: Century Media (Sony Music)
Website: www.heavenshallburn.com
Facebook: www.facebook.com/officialheavenshallburn
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