Deadguy – Near-Death Travel Services

(c) Nathaniel Shannon
Im November 1995, vor bald 30 Jahren, veröffentlichten Deadguy ihr erstes und bis jetzt einziges Album. „Fixation On A Co-Worker“ gilt als wichtiger Wegbereiter für die erste große Mathcore-Welle und wurde unter anderem von The Dillinger Escape Plan als wichtige Inspiration genannt. Deadguy selbst zerbrachen an der folgenden Tour, veröffentlichen in neuer Besetzung noch eine EP, bevor man sich 1997 auflöste. Ein Dokumentarfilm brachte 2021 die Versöhnung und Wiedervereinigung in (Beinah-)Originalbesetzung, nun gibt es sogar ein komplettes Album. „Near-Death Travel Services“ unterstreicht den Ausnahmestatus des zurückgekehrten US-Quintetts.
Ein wütender Schrei, eine kapitale Explosion, dann frontales und aggressives Chaos: „Kill Fee“ eröffnet mit einem Donnerschlag und macht binnen Sekunden klar, dass Deadguy rein gar nichts an ihrer Klasse eingebüßt haben. Hohes Tempo, urplötzliche Math-Wendungen und die durch den imaginären Fleischwolf gedrehte Hardcore-DNA unterhalten, kleine Öffnung im Schlussakt inklusive. Das macht das US-Quintett direkt zum „New Best Friend“. Nach kurzem Aufbäumen geht es in die erste jazzige Abfahrt, bevor Tim Singers kathartische Screams den Wahnsinn der Gegenwart auf den Punkt bringen. Ein manischer Schlussakt mit überraschendem Slayer-Riff rundet das Geschehen ab.
Die Themen haben sich im Laufe der letzten drei Jahrzehnte verändert. Ging es damals noch um die Gier und Grausamkeit, die Singer und Freunden schadeten, so richtet sich heute der Blick auf die düstere Gegenwart und Zukunft der eigenen Kinder und Kindeskinder. „All Stick & No Carrot“ verarbeitet die getriebene Hoffnungslosigkeit bereits im Titel und propagiert konstante, atemlose Steigerung in Midtempo-Schwerfälligkeit. Die Endzeit ist nah, weiß „The Forever People“, und rattert zynisch durch. Obligatorische Squeals, ein kurzes Bass-Solo sowie mächtiger Groove machen es sich gemütlich.
Hier von einem Siegeszug zu sprechen, wäre dezent untertrieben. Klar, in der von Deadguy illustrierten Welt der Verlierer der Evolution kann es keine Gewinner geben, doch wähnt man sich als Hörer im siebten Mathcore-Himmel. Nicht nur, dass neue Fans nun einen alten Schatz wiederentdecken können, diese geradezu nahtlose Fortsetzung mit neuer Unersättlichkeit steht der Band bestens zu Gesicht. „Near-Death Travel Services“ ist jetzt schon eines der Überraschungscomebacks des Jahres und entpuppt sich als herrliche Zeitreise der rastlosen, furiosen Art. Fortsetzung dringend erbeten.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 27.06.2025
Erhältlich über: Relapse Records (Membran)
Website: www.deadguy.net
Instagram: www.instagram.com/deadguyrocks
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