Vildhjarta – + där skogen sjunger under evighetens granar +

(c) Glenn Lindberg
Der personelle Aderlass bei Vildhjarta setzt sich fort, doch scheint ihnen das – zumindest rein kreativ – genau gar nichts anzuhaben. Seit März ist man sogar nur noch zu dritt unterwegs, mit Daniel Bergström ging das letzte verbliebene Gründungsmitglied von Bord. Dafür gibt es, nach vergleichsweise flotten dreieinhalb Jahren, schon wieder musikalischen Nachschub. Von einem Schnellschuss kann jedoch keine Rede sein, denn „+ där skogen sjunger under evighetens granar +“ demonstriert einmal mehr höchst eindrucksvoll, wie sehr die Nordlichter im Laufe ihrer Karriere wachsen konnten.
Bestes Beispiel dafür ist „+ ? regnet, the ? +“, das in 210 Sekunden so ziemlich alles einbringt, was Vildhjarta ausmacht, und zugleich nach vorne geht. Wütender Donnerhall mit Djent-Einschlag trifft auf angedeutete Melodik, bevor Entschleunigung und Klargesang fast hymnische Züge annehmen. Das erinnert an große Extreme-Prog-Bands, geht direkt ins Ohr und wird doch im nächsten Moment von brütender Düsternis entfremdet und zerlegt, bevor das technisch anspruchsvolle Finale sämtliche Sinne torpediert. „+ sargasso +“ dehnt das aufs Langformat aus und zieht seine Überforderung etwas anders auf. Besonders gelungen sind die kleinen Zäsuren, die sich unbemerkt anschleichen, urplötzlich das gesamte Geschehen verfremden und mit anschließendem Groove überraschend. Die beklemmende Melodik im Schlussakt fährt durch Mark und Bein.
Solch großartige, unerwartete Momente hat dieses dritte Album in Hülle und Fülle. Obwohl „+ den spanska känslan +“ seinen dreckigen, zermürbenden Elan mit wachsender Begeisterung kultiviert, wird der Track durch seine zart im Hintergrund laufende Synth, die das Geschehen wie ein fast unsichtbarer roter Faden zusammenhält, zum Wechselbad der Gefühle. Immer wieder aufbrausend, dissonant, aber für zarte Momente gut – eine schöne Sache. Zart ist „+ hösten som togs ifrån mig +“ nun wirklich nicht, dafür wird hier Extreme Prog mit Djent-Anleihen exzellent kultiviert. Und auch „+ två vackra svanar +“ brennt sich sofort ein, gerade durch sein stetes Auf und Ab, die fast fanfarenartigen Untertöne und den abgefuckten Schlussakt.
Etwas kompakter präsentiert und doch ausladender denn je, so zeigen sich Vildhjarta auf ihrem mittlerweile dritten Album. Djent ist längst eine Zutat unter vielen geworden, was nun wirklich kein Problem ist. Die zum Trio geschrumpfte Band wirkt fokussierter und anspruchsvoller denn je, entdeckt verschiedenste Prog-Spielarten für sich und reizt diese mit wachsender Begeisterung aus. Zudem wächst der Fokus auf Atmosphäre und Intensität, auf das Unvorhersehbare und doch Mitreißende. „+ där skogen sjunger under evighetens granar +“ verlangt abermals viel Geduld, entlohnt diese jedoch fürstlich – sperrige Bekömmlichkeit mit erstaunlicher Melodik und eindrucksvollem Wahnsinn der weiterhin bahnbrechenden Sorte.
Wertung: 9/10
Erhältlich ab: 30.05.2025
Erhältlich über: Century Media (Sony Music)
Facebook: www.facebook.com/vildhjartaofficial
Slider-Pic (c) Glenn Lindberg
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