Hexvessel – Nocturne

(c) NecrosHorns
Einzig das Unvorhersehbare ist bei Hexvessel halbwegs vorhersehbar. Glaubte man das finnische Quartett um Mat ‚Kvohst‘ McNerney (Grave Pleasures) längst in folkig-düsteren Gefilden verankert, so wagte man sich vor zwei Jahren in Richtung Black Metal, wo für den Frontmann einst alles begann. All das findet nun zusammen – frostig und unterkühlt, roh und derb, beklemmend und psychedelisch. „Nocturne“ spielt einmal mehr gar geschickt mit den frei verschiebbaren Grenzen des Machbaren und Erfassbaren.
Herausgekommen ist eine nervöse, auf den ersten Blick unnahbare Platte, die mit wachsender Begeisterung konstant überfordert. Zwei Achtminüter zu Beginn unterstreichen das, angeführt von „Sapphire Zephyrs“. Emotionales Kargland mit schneidendem Lo-Fi-Black-Metal trifft auf den gewohnt klagenden Gesang McNerneys, von folkloristischer Note begleitet. Hier scheinen sich zwei Fremdkörper anzunähern, die unterkühlte Zäsur unterstreicht das. Im folgenden „Inward Landscapes“ gelingt die Symbiose noch besser, vor allem dank des gedrosselten Tempos. Speziell der semi-akustische Mittelteil, der später in Richtung zermürbende Heavyness geführt wird, brennt sich auf wundersame Weise ein, während der Schlussakt episch-atmosphärische Dimensionen erreicht.
Nichts hieran ist einfach, wohl aber lohnenswert: In „Mother Destroyer“ gibt Kvohst den mysteriösen Chef im Ring, der den beklemmenden, beschwörenden Sprechgesang ebenso beherrscht wie das süßliche, überspitzte Leid, das in jeder spirituellen Note steckt. Das Ergebnis lullt regelrecht ein, gerade mit dem wüsten Black Metal im Hintergrund, der gefühlt immer präsent ist. Auch im mächtigen „A Dark & Graceful Wilderness“, das am ehesten an McNerneys andere Band erinnert und feinsinnige Dark-Rock-Melodien mitnimmt, während rundherum das etatmäßige Rauschen der trven Schule erzittert, verstärkt sich dieser Eindruck. Diese Mischung ist auch aus „Phoebus“ nicht wegzudenken, wie auch die traditionelle bis arienhafte Gesangsmelodie, die mit klassischer Note durch das Dickicht schneidet.
Der konstante Grenzgang strengt an und reißt zugleich von den imaginären Sitzen. Hexvessel lieben die Überforderung, die ihr bewusst unterproduzierter und doch so überzeichneter Sound mit sich bringt. Im Grunde kollidieren hier stetig mehrere Welten. Der ruppige, möglichst abgefvkte Black Metal ist Pflichtprogramm geworden, wenngleich er sich gerne im Hintergrund aufhält und als fatalistische Untermalung des drohenden Untergangs dient. Folk, Psych, Dark Rock und schmerzerfüllte Melodien finden ebenso Platz auf einem Album, das sich in konstanter Bewegung befindet, die Dualität des Seins unterstreicht, den Sommer mit frostigem Wind versieht. Hinter erstickenden Nebelschwaden lauert wahre Größe.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 13.06.2025
Erhältlich über: Prophecy Productions (GoodToGo)
Website: www.hexvessel.com
Facebook: www.facebook.com/hexvessel
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