Nightbearer – Defiance

(c) Robin Trachternach
Das imaginäre Rad des Todes dreht sich in Paderborn weiter – ohne Hallo oder erstmal. Nightbearer treiben ihre Death-Metal-Vision mit wachsender Begeisterung fort. Das deutsche Quintett mag seine sägenden HM2-Gitarren ebenso wie die melodischen Aspekte des Genres, die mehr und mehr Oberwasser zu bekommen. Außerdem bekommt der sprichwörtliche Blick über den Tellerrand eine zunehmend wichtige Rolle. Auf „Defiance“ kommen unter anderem etwas Black Metal und Doom hinzu, ohne sich jemals auch nur ansatzweise vom Old-School-Ansatz loszusagen.
„His Dark Materials“ bringt das perfekt auf den Punkt und legt rasend los. Dieser kleiner Blackened-Death-Ansturm löst sich zunehmend in ruppigen, ranzigen Wohlgefallen auf, bevor die ersten melodischen Einlagen hinzukommen und Göteborger Wurzeln mit auf die wilde Jagd einladen. Klassische Uffta-Uffta-Passagen, angeschwärzte Zwischensprints und giftige Harmonien gesellen sich dazu. Hingegen besinnt sich „Under The Sun Of War“ auf vertraute Stärken, nimmt das Tempo über weite Strecken komplett heraus und baut stattdessen auf etwas Death-Doom. Das geht prima mit den Hook-lastigen Leads einher und zieht sukzessive in einen finsteren emotionalen Malstrom hinab.
Wer die volle Nightbearer-Bandbreite braucht, lässt sich von neuneinhalb Minuten „Ascension“ verzaubern. Dramaturgisch wertvolle Arrangierung, ellenlange Zäsuren, brachiales Sägen und kantige Ausritte mit Vollgas ergeben nach und nach ein bizarres, herausforderndes Gesamtbild. Wäre es einen Hauch kompakter gegangen? Vielleicht, doch macht dieses komplexe Konstrukt dennoch ordentlich Laune. Im Titelsong „Defiance“ geht das deutsche Quintett hingegen mit wachsender Begeisterung nach vorne und serviert weitestgehend vertraute Kost – drückend, schroff, mit feinen Widerhäkchen versehen. Das gelingt auch „Republic Of Heaven“, dessen gelegentlich erstaunlich vertracktes Bollwerk sogar kurzzeitig an Heaven Shall Burn erinnert. Wahrlich nicht die schlechteste Referenz.
Mächtig, dieses eine Wort umschreibt diesen neuen Nackenschlag wohl am besten. Nightbearer schaffen binnen kürzester Zeit einen massiven Klangwall und kosten diesen mit wachsender Begeisterung aus. Die schiere Intensität von „Defiance“ reißt sofort mit und meistert tatsächlich den schwierigen Spagat zwischen der sägenden und der melodischen Seite der alten Death-Metal-Schule, nimmt zugleich frische Aspekte hinzu und klingt dennoch absolut stimmig. In einem Fall wäre es ohne Frage kürzer und kompakter gegangen, doch trübt das den Gesamteindruck zu keiner Zeit. Mit einem packenden Bollwerk, spannenden Ideen, Mut zum Wahnsinn und einem Herz für die Klassiker räumen Nightbearer ein weiteres Mal ab.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 13.06.2025
Erhältlich über: Testimony Records (GoodToGo)
Website: www.nightbearer.com
Facebook: www.facebook.com/nightbearer
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