Crippled Black Phoenix – Ellengæst

| 8. Oktober 2020 | 0 Comments
Crippled Black Phoenix

(c) Crippled Black Phoenix

Just an jenem Tag, an dem es an die Aufnahmen zum aktuellen Album ging, standen Crippled Black Phoenix plötzlich ohne männliche Stimme da. Daniel Änghede verließ die Band nach sechs Jahren und ließ eine gewisse Unzufriedenheit mit dem Status Quo durchscheinen. Justin Greaves aktivierte sein Netzwerk an musikalischen Freunden und verfügte plötzlich über eine Riege an Gästsänger*innen, die gemeinsam mit der etatmäßigen Stimme Iyri Belinda Kordic die Aufnahmen in Angriff nahmen. Entsprechend klingt „Ellengæst“ etwas anders und doch typisch für die Briten.

Für die ersten beiden Tracks konnte Vincent Cavanagh von den in kreativen Tiefschlaf versenkten Anathema gewonnen werden. „House Of Fools“ glänzt durch innere Zerrissenheit, durch Verzweiflung und aufbrausende Klangbögen. Cavanagh und Kordic harmonieren wunderbar, vor allem in den elegischen Strophen. In „Lost“ wachsen allerdings alle Beteiligten über sich hinaus. Knisternde Spannung und doomige Alternative-Klänge mit dezenten 80s-Referenzen begleiten acht intensive, beklemmende Minuten. Wie sich der Anathema-Frontmann im grandiosen Refrain aufbäumt und die desolate Zeile „we are lost as humans“ schmettert, geht im besten Sinne an die Substanz. Weit geöffnete Klangflächen, blank liegende Nerven und ein Hauch von Post-Prog im Abgang ergeben einen der besten Songs in der langen Geschichte des britischen Quartetts.

Ein weiteres Highlight verbirgt sich kurz vor Schluss: „The Invisible Past“ nimmt sich für seine Sinnsuche mehr als elf Minuten Zeit. Hier gibt sich Jonathan Hultén von Tribulation ein Stelldichein, verbindet hochtrabende Dramaturgie mit betörendem Schönklang. Salbungsvolle Prog-Rock-Salven bestimmen die zweite Hälfte, während das Arrangement an sich in bester Post-Manier aufblüht und den vermeintlichen Anschlag immer weiter, immer extensiver ausdehnt. Das abschließende Bauhaus-Cover „She’s In Parties“ kommt zur Auflockerung gerade recht. Dem ungewöhnlichen „In The Night“ will man ebenfalls Aufmerksamkeit schenken. Gaahl wagt sich in einer seiner sehr seltenen Kollaborationen weit weg von den Black-Metal-Wurzeln und serviert verstörenden Sprechgesang, über den Kordic sanft singt. Zum Abschluss erhebt der norwegische Meister der Finsternis seine beklemmende, Triptykon-kompatible Sangesstimme.

Betont ungewöhnlich und vielleicht gerade deswegen so gut: Selbst für Crippled Black Phoenix-Verhältnisse wagt sich „Ellengæst“ sehr weit hinaus. Das ist selbstverständlich ein Trademark der Band, in Verbindung mit dieser stimmlichen Pluralität allerdings doppelt und dreifach spannend. Alleine die gemeinsamen Tracks von Vincent Cavanagh und Iyri Belinda Kordic zu Beginn sind bereits den Kauf wert, gerade „Lost“ ist eine Monstrosität. Dahinter verstecken sich spannende Perlen, seltene Unauffälligkeiten und dezente Überraschungen. Frische Ansätze im vertrauten Umfeld wühlen im besten Sinne auf und setzen den erstaunlichen CBP-Peak souverän fort.

Wertung: 8/10

Erhältlich ab: 09.10.2020
Erhältlich über: Season of Mist (Soulfood Music)

Website: crippledblackphoenix.net
Facebook: www.facebook.com/CBP444

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Category: Magazin, Reviews

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