Fall Of Messiah – Senicarne

| 31. Juli 2020 | 0 Comments
Fall Of Messiah

(c) Holy Roar Records

Seit Jahren kreieren Fall Of Messiah faszinierende Post-Hardcore-Gebilde, welche weit über die so und so nicht gerade eng gestecken Grenzen dieses Genres hinausreichen. Ihr vielfältiger, epischer, wunderschöner und abstoßend hässlicher Sound brachte die Franzosen auf große Festivalbühnen, in verschwitzte Clubs und über den großen Teich. Ihr viertes Album „Senicarne“ analysiert die Entwicklung zwischenmenschlicher Beziehungen über die Jahre und zeigt, wie wichtig Beziehungen im Spannungsverhältnis mit den eigenen Wurzeln tatsächlich sind. Starker Tobak.

Was sich ambitioniert liest, wurde natürlich auch ambitioniert umgesetzt. Die ersten Töne von „La République du Vide“ (dt. „Die Republik der Leere“) ertönen und die eierlegende Wollmilchsau begibt sich schön langsam in die Startlöcher. Fall Of Messiah beherrschen die Kunst der falschen Fährtenlegung nahezu perfekt. Das konsequente Hinarbeiten auf die erste Explosion löst sich in schroffe, dennoch bewegende Post-Rock-Harmonien aus. Es bleibt instrumental, dezent chaotisch und doch nett – und hier fährt „Contreforts“ in die Parade mit krachenden, brachialen Wutausbrüchen und kleinen, melodischen Zäsuren. Das musikalische Spiel mit den Gezeiten, mit lieblicher Ebbe und zerstörerischer Flut, kommt gut.

Zwischen den Stühlen türmen die Franzosen komplexe wie mitreißende Gebilde auf. Ihr „Atlantique“ ist über weite Strecken eine Fortsetzung des Auftakts, instrumental und wogend, dennoch nicht zu bissig. Diese Fäden laufen schließlich im überlangen „The Loneliest Whale In The World“ zusammen, das es sogar mit The Ocean (pun potentially intended) aufnehmen kann. Wüste Klangkörper duellieren sich mit ansprechenden narrativen Fäden, die brutale Eruption mit beinahe schwarzmetallischen Sprints passt perfekt ins Bild – eine Spur der Verwüstung nimmt in den Arm.

In den endlosen Weiten der oberflächlichen Widersprüchlichkeit fühlen sich Fall Of Messiah hörbar wohl. Wechselhafte, betont schwerfällige und zugleich leichtfüßige Arrangements entlocken dem ab und an im besten Sinne an Envy erinnernden Grundgerüst bekömmlichen Wahnsinn, drehen im richtigen Moment am Rad und fühlen sich doch zwischen den Zeilen am wohlsten. „Senicarne“ ist musikalisch so filigran, aufbrausend und vielschichtig wie es eben auch zwischenmenschliche Beziehungen sind – ein wundersames Wunderwerk mit großem Spielwitz.

Wertung: 8/10

Erhältlich ab: 31.07.2020
Erhältlich über: Holy Roar Records (Membran)

Facebook: www.facebook.com/fallofmessiah

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Category: Magazin, Reviews

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