Underoath – The Place After This One

(c) Jimmy Fontaine
„Voyeurist“ öffnete Underoath vor drei Jahre neue Türen und trieb zugleich die Lust auf Experimente ein weiteres, hochgradig spannendes Mal auf die Spitze. Mehr Melodien, Beats, Elektronik und balladeske Elemente führten gekonnt an die Grenzen von Post-Hardcore, Screamo und Alternative. Für ihr zehntes Studioalbum setzen sich die US-Amerikaner zu einem gewissen Grad mit ihren Wurzeln und ihrem Werdegang auseinander, von der spirituellen Erziehung bis hin zum Eintauchen in eine moderne, alles andere als behütete Welt mit all ihren Widersprüchen. „The Place After This One“ lehnt sich zugleich im besten Sinne noch weiter aus dem Fenster.
Dabei bewegen sich die Herren aus Florida anfangs sogar noch in recht geradlinigen Gefilden, wenn sie „Generation No Surrender“ mit chaotischer Wut eröffnen und vertraute Dissonanzen erst spät mit dezent elektronischen Anleihen verbinden. Das mag nicht neu sein, bietet dafür einiges an Unterhaltung. Spätestens „Survivor’s Guilt“ an vierter Stelle zeigt die mittlerweile vertraute Lust am Experiment mit synthetischen Abfahrten, geradezu poppigen Hooks und straighten Rock-Einflüssen, die gut zur Ellenbogentaktik passen. Eine echte Überraschung ist hingegen der Beitrag von Troy Sanders (Mastodon), der sich im vertrackten Cyber-Rocker „Vultures“ ein unverschämt eingängiges Stelldichein gibt.
„Teeth“ komplettiert hingegen den Flirt mit HipHop und verfrachtet nahezu den gesamten Underoath-Sound in ein Meer an Beats und Samples, zumindest bis im Schlussakt von Effektgeräten imitierte Gitarren derbe Breitseiten servieren. Die feinsinnigen Melodien in „Devil“ torpedieren das ansonsten bekömmlich furiose Arrangement und schütteln den nächsten großen Refrain aus dem Ärmel. Am anderen Albumende feiert „Outsider“ eine Rückkehr in ruhigere Gefilde, butterweich und ohne den kleinsten Hauch von Kitsch umgesetzt – das muss man auch erst einmal so schaffen. Wüste Nackenschläge wie „And Then There Was Nothing“ sowie das wiederholt eskalierende „Spinning In Place“ führen aber schnell zurück in vertraute Gefilde.
Wobei, was ist bei Underoath nach all den Jahren eigentlich wirklich ‚vertraut‘? Das Unorthodoxe bietet letztlich eigentlich jene Art von Kost, die man sich vom US-Quintett erwarten konnte, und das im besten Sinn. Von ihren wüsten Screamo- und Post-Hardcore-Attacken verabschieden sie sich keinesfalls, legen diese tatsächlich noch einen Tacken wilder und chaotischer an. Zugleich gibt es mehr Rock, mehr Pop, mehr Elektronik, mehr Beats und Synthetik. Und doch klingt alles zu jeder Zeit wie aus einem Guss. Das sollte so eigentlich nicht funktionieren, macht aber unheimlich viel Spaß: „The Place After This One“ setzt die Serie kurioser und doch niemals auch nur im Ansatz langweiliger Platten souverän fort.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 28.03.2025
Erhältlich über: MNRK Records (SPV)
Website: underoath777.com
Facebook: www.facebook.com/underoath
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