Respire – Black Line

| 2. Dezember 2020 | 0 Comments
Respire

(c) David Pike

Seit Jahren sind Respire Eckpfeiler von Torontos DIY-Szene. Das Sextett vermengt aggressives Chaos mit durchaus orchestralen Ansätzen – Post-Hardcore, Screamo, Blackened Hardcore und Post-Rock- bzw. Soundtrack-Untertöne landen im großen Mixer. Mittlerweile bei Church Road gelandet, bereiten die Kanadier nun ihr drittes Album vor. „Black Line“ wurde über zwei Jahre geschrieben und sechs Monate produziert. Dieser lange, ausgedehnte Reifeprozess bekam den Klangwall ohrenscheinlich gut.

Ein Song wie „Embers To End“ bringt gut auf den Punkt, worum es bei den Kanadiern geht. Am Anfang war das laute, beinahe doomige Chaos. Nach und nach erheben sich spitze Schreie aus dem Dickicht, der Track nimmt langsam Fahrt auf, während rundherum orchestrale Elemente – vor allem Blechbläser – für apokalyptisches Beiwerk sorgen. Das sollte eigentlich nicht zusammenpassen, unterhält jedoch prima. „To Our Dead Friends“ bemüht sich hingegen um punkige Kürze, nimmt zwischendurch ein wenig Klargesang im Auge des Sturms hinzu und klingt wie das Orchester der Titanic, das den Soundtrack zum Sinken liefert.

Schnell erweist sich das dritte Respire-Album als Geduldsprobe und strapaziert das Nervenkostüm mit wachsender Begeisterung. Ist das hier etwa schon zu viel? Mitnichten, wie „Tempest“ eindrucksvoll untermauert. Die wütenden Schleifen zum Auftakt prasseln mit Urgewalt hernieder, dann breitet sich das überlange Post-Rock-Herzstück mit feinsinniger Arrangierung aus. Ein großes Screamo-Finale kollidert mit der Harmonie und bereitet den Weg für „Cicatrice“, das in gleich mehreren Druckwellen losrollt und ein weiteres lautmalerisches, trompetendes Crescendo heraufbeschwört. Diese Übertreibung und Entfremdung zieht sich ebenso durch „Catacombs Part II“. Vergleichsweise geordnet und doch brachial angelegt, setzt es am Höhepunkt peitschender Härte sogar lichte, hoffnungsvolle Momente.

Fans von Envy sollten die Lauscher spitzen, denn Respire können es durchaus mit den japanischen Veteranen aufnehmen. Zunächst macht „Black Line“ alles platt, was sich in den Weg stellt. Die wütenden, schroffen Wälle gehen an die Substanz und lassen anfangs kein Licht durch. Und dann tauchen plötzlich Post-Rock-Weisheiten, orchestrale Harmonie, ein wenig Melodik auf. Wenige Momente später preschen Screamo und angeschwärzter Hardcore erneut vor. Was hier genau passiert? Das lässt sich nicht so leicht sagen, aber es unterhält auf jeden Fall. Das lautmalerische Chaos der Kanadier macht süchtig und passt als Soundtrack zu diesem furchtbaren Jahr wie Arsch auf Eimer.

Wertung: 8/10

Erhältlich ab: 04.12.2020
Erhältlich über: Church Road Records

Website: respirefamily.com
Facebook: www.facebook.com/respirefamily

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Category: Magazin, Reviews

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