Cult Of Luna & Julie Christmas – Mariner

| 4. April 2016 | 0 Comments
Cult Of Luna & Julie Christmas

(c) Indie Recordings

Als Cult Of Luna im Vorfeld der gemeinsamen Split mit The Old Wind für dieses Jahr ein ganz besonderes Projekt ankündigten, wurde die Gerüchteküche abgefackelt. Ein neues Studioalbum wurde erwartet, aber wohl kaum eine Kollaborationsplatte. Tatsächlich luden sich die schwedischen Post-Metal-Experten Julie Christmas ins Studio ein, die dem von allen irdischen Sphären losgelösten „Mariner“ ihre schneidende, bissige Stimme leiht. Gleichzeitig markieren die fünf neuen Songs einen Abschied vom elektronisch-industriellen Kargland, das zuletzt mit dem „Vertikal“-Doppel Einzug gehalten hatte.

Die gespenstische Stimme der mit Post-Metal- und Sludge-Erfahrung ausgestatteten US-Amerikanerin ist nicht etwa nur schmuckes Beiwerk. In den meisten Songs tritt sie als gleichberechtigte Partnerin auf, darunter im unwahrscheinlich starken Rausschmeißer „Cygnus“. Dass 15 Minuten Musik nicht zwingend Langeweile bedeuten müssen, beweist die unheilige Allianz in diesem Fall. Von Beginn weg wird es wuchtig und brachial, Christmas und die Lunas können sich jeweils entfalten. Im ellenlangen Mittelteil flüstert und säuselt die 40jährige, liefert schließlich die Blaupause für eine minutenlange, emotionale Explosion, in der sich alle Stimmen überschlagen. Für Christmas bedeutet das einen Wechsel ins Kehlige und/oder Schrille – schmerzhaft und wunderschön zugleich.

Ebenfalls erwähnenswert: „A Greater Call“, aus dem sich gerade in der Schlussphase bewegende Synthis herauslösen. Christmas verkörpert den Pop-Aspekt, auch wenn sie eigentlich avantgardistisch agiert, während die Lunas für aggressive Power stehen. „The Wreck Of S.S. Needle“ ist ihr Showcase. Umgarnt von einem wuchtigen, stellenweise überraschend hymnischen Arrangement, das die Handschrift der Schweden klingt, packt Julie Christmas ihr gesamtes Stimmvolumen aus. Das ist nicht immer schön anzuhören, gerade im sich überlagernden Finale, wohl aber auf bizarre Weise faszinierend. Ähnlich verhält es sich übrigens mit „Chevron“, das zwischendurch mit klebrigen Melodien überrascht. Wer stattdessen auf Cult Of Luna wartet, bekommt das stellenweise gar doomige „Approaching Transition“ serviert.

Schwierige Sache, dieses Zusammentreffen. Die Idee der Kollaboration ist genial, das interstellare Thema zwar nicht gerade neu, wohl aber überzeugend umgesetzt. An den Sound von „Mariner“ gewöhnt man sich, denn gerade Julie Christmas verleiht der Platte einen avantgardistischen, experimentellen Vibe angesichts wechselnder Stimmfarben und schroffer Wucht. Nicht jedes Kapitel ist gelungen, doch gerade Anfang und Ende zählen zu den Highlights der jüngeren Cult Of Luna-Vergangenheit. Über weite Strecken besinnen sich die Schweden auf die musikalische Zeit vor ihren „Metropolis“-Konzeptwerken zurück und fahren damit gut. Schwierig aber faszinierend und stellenweise sogar richtig Weltklasse – ein gelungener Ausflug in die Welt der Kollaborationen.

Wertung: 8/10

Erhältlich ab: 08.04.2016
Erhältlich über: Indie Recordings (Soulfood Music)

Website: www.cultofluna.com
Facebook: www.facebook.com/cultoflunamusic

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Category: Magazin, Reviews

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