Livstid – Livstid
Wenn Fysisk Format eine neue Platte auf den Markt bringt, rumpelt es standesgemäß im Karton. Kein anderes Label hat in den letzten Jahren für den norwegischen Krach-Underground so viel getan. Neben Haust und Okkultokrati scheint noch ein Plätzchen frei zu sein, das nun Livstid einnehmen wollen. Das Quintett aus Bergen hat sich Crust und D-Beat verschrieben, dabei aber mehr und mehr Melodie und Melancholie für sich entdeckt, während die sozialkritischen Texte in der Landessprache gehalten sind – Unkind lassen grüßen. Ihr schlicht „Livstid“ betiteltes Album kommt einem Urknall gleich.
Nach einem kurzen Intro drücken Livstid das Gaspedal durch und blicken nicht mehr zurück. Was nun folgt, ist ein echter Kraftakt, der gerade einmal 29 Minuten dauert und einen dabei atemlos zurücklässt. „Ei jævla tragedie“ lässt sich noch auf ein wenig Instrumental-Geplänkel ein, keift sich dann aber fies durch unterkühlte Prä-Hardcore-Landschaften. „Du e feig“, „Alle kan ta feil“ und „Punkere, stå sammen“ heißen die Hits, allesamt herrlich hässlich und in seinen melancholischen Spitzen absolute Leckerbissen. Der Blick der Norweger scheint in die Ferne zu driften, über all dem Chaos und dem erhobenen Zeigefinger scheint eine Figur zu thronen, die immer wieder den Kopf schüttelt und nicht glauben kann, wie hässlich der zwischenmenschliche Alltag geworden ist.
Songs wie „Permafrost“ und „Krigshisser“ nehmen den Wahnsinn von Kvelertak mit, ohne sich auf deren Catchiness einzulassen. Stattdessen hauen Livstid immer und immer wieder mit dem Diskursknüppel auf den entblößten Schädel. „Dei du ikke ser“ wirkt beinahe wie ein Kompromiss, wenn ein Hauch von Gesang aus dem Dickicht bricht. Es sind nur wenige Sekunden, die zart andeuten, in welche Richtung es für die Herren aus Bergen gehen könnte, bevor der Dialog von „Gravol“ gen unterkühltes Ende führt. Mund abwischen, Aspirin einwerfen, nächste Runde – „Livstid“ ist eines der besten Alben der noch verhältnismäßig jungen, dafür stets spannenden norwegischen Krachmacher-Szene um das Fysisk’sche Epizentrum. Wohin mit dem Hass? Ab auf Langrille.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 04.11.2011
Erhätlich über: Fysisk Format (Cargo Records)
Facebook: www.facebook.com/livstid
Myspace: www.myspace.com/livstid
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