Indifferent Engine – Speculative Fiction

(c) Robin ‚Dobbin‘ Thomas
Die Universitätsstadt Cambridge beheimatet eine Band, die gefühlt akademisch an ihren Sound herangeht und dabei doch frei von der Leber weg agiert: Indifferent Engine lieben Atmosphäre ebenso wie beißende Härte und versuchen beides in ihrer emotional aufgeladenen Musik zu vereinen. Nach zwei Kleinformaten und nervenaufreibenden Aufnahmesessions, die fast zur Auflösung führten, fanden die Briten letztlich doch den richtigen Weg, um die Intensität ihrer Live-Shows auf Platte zu bannen. „Speculative Fiction“ verbindet Post-Hardcore, Alternative-Klänge, Post Rock und metallische Härte zu einem gefühlvollen Malström innerer Zerrissenheit.
Mit einer echten Antithese zu Beginn führen Indifferent Engine erst einmal auf die falsche Fährte: Anstatt mit Dampf loszulegen, tastet sich „The Waiter“ vorsichtig voran und schafft eine weiche, doch stets angespannte Grundstimmung. Nur langsam kommen neue Instrumente hinzu, bevor nach über zweieinhalb Minuten wütende Schreie aus dem Nirgendwo auftauchen und den Post Rock weiter verfremden. Anstatt erwartungsgemäß durch die Decke zu gehen, schwebt das Ding sanft weiter … und führt direkt in „Crashing Into A Hillside In The Dead Of Night“, dessen herrlich abgefuckte Gitarre wie ein Effektpedal gespielt wird. Ein kathartischer Refrain intensiviert den Post-Hardcore-Eindruck, spielt mit überdimensionalen Melodien und fühlt sich doch im grandios überbordenden Chaos wieder.
Dieses stete Hin und Her, Auf und Ab zählt zu den großen Stärken von Indifferent Engine, die 08/15 mit aufwühlender Musikalität begegnen. Das zeigt sich unter anderem in der Laut-Leise-Dynamik von „Verdigris“, das immer wieder kurz und heftig explodiert, die Rhythmusabteilung rotieren lässt und zugleich um Fassung ringt. Im ellenlangen „Bitcrush“ arbeitet sich das Quintett erneut an Post-Rock-artigen Gebilden ab, gibt sich nervös, bevor der gesammelte Frust schlussendlich aus der Band herausbricht, explosiv und kathartisch zugleich. Auch „Modern“ liebt den Ritt auf der Rasierklinge, bloß etwas lauter und forscher. Tempo trifft auf elegische Melodien und im Hintergrund verborgene Schreie, die durch Mark und Bein fahren.
Anstrengende Schönheit bestimmt diesen Einstand auf Albumlänge, der Indifferent Engine endgültig als Band zusammenkommen lässt. Alle Anstrengungen, einen sinnvollen ‚Weg‘ als Einheit zu finden, machten sich hörbar bezahlt, denn dieses umwerfende und zugleich überfordernde Werk kann beherzt zupacken, ohne jemals loszulassen. „Speculative Fiction“ mag seine Erzählungen mit all ihren Wirren und Wendungen, haut gerne mal auf die sprichwörtliche Pauke und ist doch voller Herz, voller Gefühl und Eleganz. Indifferent Engine machen es sich und allen anderen nicht leicht, doch lohnt es sich, dieses Album zu erarbeiten – ein faszinierender, intelligenter Auftakt, der noch lange begleiten wird.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 30.05.2025
Erhältlich über: Church Road Records
Website: www.indifferentengine.com
Facebook: www.facebook.com/IndifferentEngine
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