Idle Heirs – Life Is Violence

(c) Chadwick Christopher
Mit dem Ende von Coalesce, die zuletzt immerhin den einen oder anderen Reunion-Gig spielten, schloss sich für Frontmann Sean Ingram eine Tür. Ein Jahrzehnt lang spielte Musik für ihn eine relativ unbedeutende Rolle im künstlerischen Leben. Globale und persönliche Ereignisse stellten dies jedoch auf den Kopf, und plötzlich musste es schnell gehen. Josh Barber, der unter anderem als Produzent für Norma Jean und The Devil Wears Prada tätig war, kümmerte sich um den musikalischen Rahmen, Idle Heirs waren geboren. „Life Is Violence“ bricht aus dem bisherigen Schaffen Ingrams aus und ist für manch eine Überraschung gut.
Ein komplexes Netz aus Trauergedanken und existentialistischen Überlegungen, inspiriert vom generationenübergreifenden Einfluss von Vätern, bildet das Rückgrat dieses Einstands. Was sehr schnell und sehr positiv auffällt: Ingram kann richtig gut singen und zeigt das immer wieder. So beginnt „Rare Bird“ mit majestätischer, brachialer Intensität, doch muss diese erste Welle abebben, bevor kraftvoller und doch fragiler Gesang das Heft in die Hand nehmen kann. Natürlich dürfen die obligatorischen, schmerzerfüllten Screams nicht fehlen, sorgen für das gewisse Etwas. Auch das Arrangement, das immer wieder Fahrt aufnimmt und urplötzlich abebbt, verspricht – und bietet – großes Kino.
Und davon gibt es in diesen gut 50 Minuten wahrlich mehr als genug. „Dead Ringer“ nimmt sogar beinahe ein Fünftel davon ein und schenkt sich alle Zeit der Welt, um mit sorgsam wechselnder Stimmung und ellenlangen Aufbauten zu experimentieren. Der auf donnernde Drums und ominöse Gitarren treffende Klargesang deutet ein Pulverfass um, die Explosionen folgen plötzlich und anhaltend. Konstant operiert der Song auf Messers Schneide, nähert sich der emotionalen Unerträglichkeit und ist doch von fantastischer Intensität durchzogen. „Lemonade Stands“ mischt etwas Melodik hinzu, während der animierte Basslauf den Post-Hardcore-Einschlag unterstützt – und dann stürzt das Kartenhaus ein.
Diese willkommene Andersartigkeit, gerade angesichts Ingrams bisherigem Schaffen, setzt erstaunlichen Unterhaltungswert frei. „Life Is Violence“ ist tatsächlich ein gewaltiges Album geworden, gewichtig und wertig, ein Meer emotionaler Aufs und Abs, die mit erstaunlicher Präzision ins Herz treffen. Der unerwartete Gesang kann besonders verzücken, das Spiel mit Post-Metal-Härte, mit zartem Spannungsaufbau und mit erdrückender, ermattender Präzision gelingt Idle Heirs von der ersten bis zur letzten Sekunde, erinnert schon mal an Granden wie Cult Of Luna und Envy, und trägt doch die unverkennbare Handschrift zweier Giganten. Was für ein unfassbar mächtiger Aufgalopp für dieses Duo.
Wertung: 9/10
Erhältlich ab: 11.04.2025
Erhältlich über: Relapse Records (Membran)
Facebook: www.facebook.com/idleheirs
Slider-Pic (c) Chadwick Christopher
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