Dream Theater – Parasomnia

(c) Mark Maryanovich
Selbstverständlich dominiert eine Personalie die Vorfreude auf das nunmehr 16. Studioalbum von Dream Theater: Erstmals seit „Black Clouds & Silver Linings“ aus dem Jahr 2009 und nach fünf Alben mit Mike Mangini nimmt Mike Portnoy wieder Platz hinter der Schießbude, begleitet von einer Tour zum nunmehr 40jährigen Bandjubiläum. Von dieser Reunion der bekanntesten Iteration der Prog-Giganten beflügelt, entstand mit „Parasomnia“ eine Platte voller weitestgehend erwartbarer Kost – im besten Sinne, versteht sich.
Ein Track wie „Dead Asleep“ wirkt tatsächlich wie das Aufwachen aus einer langen Ruhephase, passend zur einstmals unterkühlten Beziehung der wiedervereinten Musiker. Beißende Heavyness taucht urplötzlich aus dem Dickicht auf, marschiert selbstbewusst nach vorne und verbindet metallischen Anspruch – Portnoy beansprucht das Pedal mit wachsender Begeisterung – mit der feinen Klinge. James LaBrie singt gewohnt stark, Jordan Rudess und John Petrucci schieben sich feine Keyboard-Ausritte und knackige Gitarrenparts zu, während John Myung am Tieftöner alles zusammenhält. Ein stetes musikalisches Auf und Ab, der nahezu obligatorische Flirt mit Kitsch, dann wieder mächtig Druck – es kann so einfach sein.
Davor überrascht „A Broken Man“ erst einmal mit seinem wütenden, chaotischen Intro. Dream Theater versuch sich aber keinesfalls an Math, wenngleich die metallische Härte stellenweise an die „Train Of Thought“-Ära erinnert. Petruccis jazziges Gitarrensolo sorgt für den passenden Gegenpol. Die obligatorische Power-Ballade heißt dieses Mal „Bend The Clock“ und wandelt am schmalen Grat zwischen technischer Brillanz und purem Pathos. Und dann ist da noch „The Shadow Man Incident“, das tatsächlich an der 20-Minuten-Marke kratzt und alles mitbringt, was man sich von einem Longtrack erwartet. Großes Drama, ausschweifende Virtuosität – Ruddess entwickelt sich zum Star des Epos – wohliger Kitsch und beißende Härte begleiten durch ein Wechselbad der Gefühle, das sämtliche Erwartungen erfüllt.
Die große musikalische Revolution mag „Parasomnia“ nicht geworden sein, dafür bieten Dream Theater starken Service am Fan. Auf dieser Platte findet sich alle Zutaten, die man sich von den Prog-Giganten erwartet, auf 70+ Minuten ‚kondensiert‘, vielschichtig und voller cleverer Kunstgriffe, nie beliebig. Das konzeptionelle Spiel mit Schlafstörungen und Aufwachproblemen entpuppt sich – wenig überraschend – als steter Unruheherd, der sich selbst aus dem Schlaf reißt, schwer aus diesem erwacht, die nötige Entspannung jagt und plötzlich in Zwischenwelten kleben bleibt. Ohne sich zu weit hinauszulehnen, besinnen sich Dream Theater auf ihre Stärken und servieren gewohnt gut- bis hochklassige Prog-Kunst – mehr braucht es nicht zum vollkommenen Glück.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 07.02.2025
Erhältlich über: InsideOutMusic (Sony Music)
Website: dreamtheater.net
Facebook: www.facebook.com/dreamtheater
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