KEN mode – Null
Wo es laut wird, sind KEN mode in der Regel nicht weit. Das Quartett um die Brüder Jesse und Shane Matthewson bricht seit 1999 mit Konventionen sowie mit Erwartungen an Hardcore und Noise Rock. Die letzten zweieinhalb Jahre brachten die kanadischen Veteranen an ihre Grenzen, und so verstehen sie ihr mittlerweile achtes Album als „Dokumentation des Versuchs, nicht auseinanderzufallen“. Im Kampf gegen lähmende Depressionen entstand „Null“, die erste Platte für Artoffact Records und zugleich das erste Werk in der neuen Formation, neben Bassist Scott Hamilton nun durch Kathyrn Kerr (u. a. Saxofon und Synthesizer) ergänzt.
Kerr drückt der Band sogleich ihren Stempel auf, ist bereits im eröffnenden „A Love Letter“ überaus präsent. Wütende Druckwellen ackern auf vertrautem Grund und beschwören lärmendes Chaos herauf, rundherum zuckt das Saxofon komplett aus und bohrt sich tief in die Gehirnwindungen vor. Das muss man mögen (und aushalten), passt aber irgendwie prima zu KEN mode. Zudem nimmt die Eskalation mit fortlaufender Spieldauer einen dezenten Industrial-Einschlag an und eskaliert.
Noch anstrengender ist eigentlich nur „Lost Grip“. Ob es für diesen Track tatsächlich zehn Minuten gebraucht hätte, sei dahingestellt, doch ziehen die Kanadier die imaginäre Schlinge geschickt enger und nehmen ein wenig Sludge mit in den Mix auf. Speziell die zweite Songhälfte gestaltet sich lauter und dreckiger, der Zusammenbruch ist nah. Im Vergleich dazu kommt „But They Respect My Tactics“ geradlinig rüber, bemüht alte Querverweise auf Converge und zuckt gar nervös. „Throw Your Phone In The River“ fällt hibbelig aus, kann sich kaum auf den Sitzen halten, schlägt wild um sich – die nächste Stufe des absoluten Wahnsinns in aller Kürze.
Tatsächlich ringen KEN mode ihrem Sound auch nach über 20 Jahren im Geschäft neue Facetten des absoluten Wahnsinns ab. Kerr passt sich prima ins Gefüge ein, bringt frische Klangelemente in den Mix, und doch ändert sich wenig an der vertrauten DNA. „Null“ lebt ebenfalls von nervöser, durchgeknallter und stets unberechenbarer Energie, dem absoluten Zusammenbruch sowie der monströsen Tristesse des Seins überaus nah. Die zähe Eskalation bleibt weiterhin die Spezialität der Kanadier.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 23.09.2022
Erhältlich über: Artoffact Records (Cargo Records)
Website: ken-mode.com
Facebook: www.facebook.com/kenmode
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