Converge – Bloodmoon: I

| 19. November 2021 | 0 Comments
Converge

(c) Emily Birds

Ein umjubelter Roadburn-Auftritt im Jahr 2016 sah Neuinterpretationen vertrauter Converge-Songs im erweiterten Line-up. Mit an Bord waren Ausnahmekünstlerin Chelsea Wolfe und ihr Mitstreiter Ben Chisholm sowie der unter anderem von Cave In bekannte Stephen Brodsky. Ende 2019 klappte es endlich mit den erhofften gemeinsamen Aufnahmen, über Distanz komplettiert, mit einem Ansatz, den man von den beteiligten Musiker*innen so bislang kaum kannte. „Bloodmoon: I“ stürzt sich in elf Kapiteln in die Apokalypse der menschlichen Existenz.

Bereits der eröffnende Quasi-Titelsong „Blood Moon“ macht deutlich, dass hier Welten aufeinanderprallen und etwas Neues erzeugen, anstatt stur den eigenen Stiefel durchzuziehen. Doomige Beklemmung kollidiert mit feister Düsternis und Wolfes betörendem Gesang. Aus dem Nichts jagen wütende Eruptionen den metallischen Math- und Hardcore-Wahnsinn von Jacob Bannon durch, dann baut der Track erneut auf. Wiederholte kurze Auszucker bereiten den finalen Höhepunkt vor, eine Kollision sämtlicher Stimmfarben – auch Brodsky mischt erfolgreich mit – und zahlreicher Gitarren, die zugleich gespenstisch und manisch wirken, komplett in schleppendem Tempo umgesetzt. Die Gänsehaut rollt rauf und runter.

Apropos Brodsky: Dessen größte Stunde schlägt in „Failure Forever“, das doch wunderbar an Cave In erinnert. Beklemmender, atmosphärischer Post-Hardcore breitet seine Schwingen aus, Bannons kehlige Aggression grätscht immer wieder prima dazwischen. In „Coil“ geht es von der ersten Sekunde an ominös vor sich, unsympathisch, gefühlskalt. Beim ersten großen Höhepunkt gegen Songmitte treten sakrale Gefühle auf. „Lord Of Liars“ ist über weite Strecken hingegen ein relativ typischer Converge-Song, der kaputte, verspielte Obertöne erhält und auf einen gewaltigen Part von Frau Wolfe höchstpersönlich zusteuert. In „Crimson Stone“ klingt das fast schon versöhnlich, über weite Strecken hymnisch mit Melodic-Doom-Hoffnung, mit etwas Gaze, mit großen Alternative-Bögen, mit dem unvermeidlichen Zusammenbruch.

In dieser knappen Stunde erreicht das Septett neue Sphären. Alleine schon die Art und Weise, wie die an sich höchst unterschiedlichen Stilrichtungen zusammenfinden, bewegt und begeistert. Natürlich haben alle Beteiligten ihre Tracks und Parts, die weitestgehend dem Tagesgeschäft entsprechen. Und dann findet auf „Bloodmoon: I“ plötzlich zusammen, was nie als homogene Einheit vermutet worden war, das sogar in komplett unerwarteten, unerschlossenen Gefilden fischt. Converge, Chelsea Wolfe, Ben Chisholm, Stephen Brodsky – sieben Musiker*innen und vielleicht das beste Album des Jahres. Die römische Eins im Albumtitel stimmt hoffnungsvoll. Ob da eine Fortsetzung von ähnlichem Kaliber möglich ist?

Wertung: 9/10

Erhältlich ab: 19.11.2021
Erhältlich über: Epitaph Records (Indigo)

Website: www.convergecult.com
Facebook: www.facebook.com/converge

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Category: Magazin, Reviews

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