delving – Hirschbrunnen

| 7. Juni 2021 | 0 Comments
delving

(c) Maren Michaelis

Nick DiSalvo war im Lockdown überaus produktiv. Während das aktuelle Elder-Album noch locker vorher durchging, verwendete er die unerwartete Downtime, um seine Solo-Pläne zu realisieren. delving nennt sich dieser Schauplatz des US-Amerikaners und erschließt neue, komplett instrumentale Welten. Irgendwo zwischen Post, Prog, Kraut, Prä-Electro, Jazz und Psychedelic bäumt sich „Hirschbrunnen“ auf, das alte Ideen und frische Exkurse zu einer kleinen Klangreise formt.

Im eröffnenden „Ultramarine“ öffnet sich die eindrucksvolle Schönheit des Soloprojektes: delving hat mit Elder oder Gold & Silver herzlich wenig gemeinsam. Schroffe Töne sucht man vergebens, halbwegs klare Melodien, blubbernde Elektronik und proggig-kunstvolle Strukturen entführen hingegen auf eine Klangreise. Die Art und Weise, wie der Synthesizer blubbert, reißt auf zarte Weise mit. Trotz seiner sanften Töne trägt der Song etwas Treibendes in sich. Wenn in den letzten beiden Minuten schließlich die Distortion zunimmt und vereinzelte scharfe Kanten in den narrativen Strang mischt, wirkt DiSalvo ruhig und fokussiert.

Wer auf den Übergang von Kraut zu Elektronik steht, wird auf dieser Platte immer wieder fündig, und „The Reflecting Pool“ bringt diesen Spagat exzellent auf den Punkt. Erinnerungen an Amon Düül II und frühe Kraftwerk werden wach, wenngleich delving eine komplett eigenwillige Instanz bilden. Und nein, technoider Wahnsinn ist zu keiner Zeit zu befürchten, sondern eine weitere meditative Zutat, die im abschließenden „Vast“ noch eine Portion Post Rock mitbringt. In etwas über elf Minuten finden sich sogar die fürs Genre typischen Beinahe-Eruptionen mit angedeuteten Gewitterwolken, die sich letztlich in Wohlgefallen auflösen. Mogwai und King Crimson winken aus dem rollenden Auto.

Der Sound von delving kommt sicher unerwartet, hat dafür sehr hohen Unterhaltungswert, sofern man Bock auf Entschleunigung hat. Nick DiSalvo hält nichts von unnötigen Sprints und lässt sich zu keiner Zeit aus der imagninären Reserve locken. Gemächlich breitet „Hirschbrunnen“ seine feingliedrigen Schwingen aus, reduziert das Tempo und setzt die Kopfhörer auf. Psychedelisch-elektronische Krautkonzepte auf der einen, narrativ hochwertiger Post Rock auf der anderen Seite, das findet tatsächlich spannend zusammen. In seiner Gesamtwerk ist DiSalvos Solodebüt ein detailreicher Leckerbissen mit präzise geschliffenen Kanten geworden, in dessen emotionaler Tiefe man sich wunderbar verlieren kann.

Wertung: 8/10

Erhältlich ab: 11.06.2021
Erhältlich über: Stickman Records (Soulfood Music)

Facebook: www.facebook.com/delvingmusic

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Category: Magazin, Reviews

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