Wristmeetrazor – Replica Of A Strange Love

| 8. Juni 2021 | 0 Comments
Wristmeetrazor

(c) Cameron Nunez

Anfang/Mitte der 00er Jahre wirbelten Labels wie Ferret Music, Solid State, Facedown und Blackmarket Activities die Hardcore- und Metalcore-Szene mit komplexen, hymnischen und brachialen Querverweisen durcheinander. Während Bands wie Zao und Norma Jean diesen an Math und Screamo angrenzenden Sound weiterhin zelebrieren, gibt es kaum modernen Nachschub. Genau das wollen Wristmeetrazor ändern, die 2017 als Soloprojekt von Gitarrist Jonah Thorne ins Leben gerufen und mittlerweile als vierköpfiges Biest eben jene derben Klänge zelebrieren. „Replica Of A Strange Love“ ist bereits das zweite Album der Band aus Washington D.C.

Das eröffnende „Our Distress Entwined“ verrät so ziemlich alles, was man über diese Platte wissen muss. Furiose Aggression an der Grenze zu Math-artigen Eruptionen trägt den Track, am Höhepunkt bricht sehnsüchtiger Klargesang aus dem Arrangement. Die Strophen erinnern sogar etwas an frühe Heaven Shall Burn. Selbst das obligatorische Breakdown findet Platz. Justin Fornof, eine der beiden Stimmen, tauscht die hoffnungslose Romantik des Debüts gegen philosophische Beobachtung menschlicher Reaktionen und sozialer Phänomene ein. Das brachiale, kurze „Nietzsche Is Dead“ trägt dies sogar im Namen und überrascht mit kurzen Grind-Eruptionen.

Mittlerweile rollt der kaputte Wahnsinn weiter. In „A Fractured Dovetail Romance“ kommen unter anderem frühe Poison The Well und The Red Shore durch, die herbe Wut in Verbindung mit krachenden Gitarren kommt gut. Ähnliches bemüht „Eyes Of Sulfide“ und bohrt sich mit seinen wiederholten Breakdowns tiefer denn je in metallische Hardcore-Gefilde. Die Augenbrauen wandern verwundert in die Höhe, die nächste Explosion mit harmonischen Untertönen kommt bestimmt. Schließlich bringt „Last Tango In Paris“ so ziemlich alles, was man sich von diesem Genre erwartet, auf den Punkt. Der vielleicht radiofreundlichste Refrain dieser Platte ist ein netter Bonus.

Martialische Explosivität, konstante Aha-Momente und Erinnerungen an die vielleicht produktivste Phase brutaler Core-Klänge begleiten dieses zweite Album. „Replica Of A Strange Love“ als anachronistisches Werk abzutun, wäre allerdings verkehrt, weil das Sammelsurium an brachialen Energien, magischen Harmonien und Haudrauf-Intensität trotz allem frisch wirkt. Das liegt vor allem an einer leidenschaftlich agierenden Band, die den Sound dieser Ära gefühlt mit der Muttermilch aufgenommen hat und auf authetische, zugleich komplett eigenständige und angenehm martialische Weise transportiert. So schön können derbe Wutproben sein.

Wertung: 8/10

Erhältlich ab: 11.06.2021
Erhältlich über: Prosthetic Records

Website: wristmeetrazor.com
Facebook: www.facebook.com/wristmeetrazor

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Category: Magazin, Reviews

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