Lantlôs – Melting Sun
Mit dem freundschaftlichen Abgang von Neige, der sich nunmehr vornehmlich auf Alcest konzentriert, wurde eine Zäsur bei Lantlôs förmlich erzwungen. Markus Siegenhort steht nun nicht nur gesanglich an vorderster Front, er hat überdies eine komplette Band um sich geschart und nimmt gewisse Einflüsse seines Wave-Projektes LowCityRain mit. „Melting Sun“ offenbart einen kräftigen Kurswechsel im Vergleich zu „Agape“: Statt bleierner Schwere, Neiges aggressiven Keifvocals und Black-Metal-Einflüssen dominieren nun Klargesang, Post Rock/Metal und eine über weite Strecken verträumte Atmosphäre das Geschehen.
Die sechs Kapitel dieser Platte knüpfen nur in seltenen Momenten an „Agape“ an. Am ehesten geht „Cherry Quartz“ als Bindeglied durch. Die bleierne, gerade zu doomige Schwere zu Beginn und die sehr präsenten Gitarren mit uncharakteristisch lautem Bass hätten in dieser Form auch vor drei Jahren funktioniert. Dass nun Siegenhort klar, freundlich, geradezu einladend über dieses Arrangement singt, nimmt ihm den Weltenschmerz und lässt vereinzelte Sonnenstrahlen durch jene Wolkenwand scheinen, der (Van) Tempest vor wenigen Wochen Tribut zollten.
An diese neue Umgänglichkeit Lantlôs‘ muss man sich erst gewöhnen. Auf rein musikalischer Ebene könnte „Melting Sun“ kaum einladender ausfallen. „Azure Chimes“ eröffnet die Platte mit monumentalen, wuchtigen, geradezu dramatischen Noten, die sich in ein verführerisches, rauschendes Weinfest wandeln. Die übrigen Songs: bewegend, aufwühlend, faszinierend. Selbst das instrumentale Zwischenspiel „Oneironaut“ hat mit seiner Trostlosigkeit eine gewisse Daseinsberechtigung, auch wenn der Bruch zum nicht ganz so starken, in Ambient-hafte Längen gezogenen Finale „Golden Mind“ eine Spur zu krass ausfällt.
Der Abgang ist somit mittelprächtig, die Albumlänge mit knapp 41 Minuten zwar in Ordnung – für den dazugehörigen Vinyl-Release überdies sehr passend – wohl aber scheint ein Puzzlestück zu fehlen; ein siebter Teil, der mit dem limitierten Artbook mitgeliefert. Auf „Melting Sun“ kann man dennoch einiges entdecken, kleinere Defizite hin oder her. Markus Siegenhort macht aus der Not eine Tugend, wagt eine geglückte Kurskorrektur und rückt damit, geradezu ironischerweise, der ähnlich lakonischen, fast schon süßlichen Ausrichtung Alcests nahe. Lantlôs werden mit dieser Platte dennoch einige Fans der ruppigen Schule verprellen, sollten mit diesem Post-Dream-Rock-Schmankerl aber im Gegenzug neue Hörerschichten erschließen – ein musikalischer Break-Even, wenn man denn so will.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 02.05.2014
Erhätlich über: Prophecy Productions (Soulfood Music)
Facebook: www.facebook.com/lantlos
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