For Your Health – This Bitter Garden

(c) Stone Fenk
Ein Album wie ein Mittelfinger, ein Abgesang auf den Status Quo, am Höhepunkt der Pandemie: Fast viereinhalb Jahre ist der Release von „In Spite Of“ her. Mit ihrem ersten Album machten For Your Health im besten Sinne ordentlich Wirbel. Das Quintett aus Ohio machte schnell deutlich, dass man nicht nur herzlich wenig von Schubladendenken hält, sondern ebenso von einer Welt, die von Arschlöchern und Ungustln dominiert wird. Diverse Line-up-Wechsel, kreative Differenzen und Selbstzweifel später sowie mit einem neuen Label im Rücken, mischt nun der Zweitling „This Bitter Garden“ erneut alle(s) auf.
Hysterisches, heiseres Lachen führt direkt an den Abgrund: „Davenport (A Rotten Pear)“ lebt und liebt seinen chaotischen Auftakt, aus dem sich ein störrischer, ruppiger Zweiminüter entwickelt. For Your Health betonten die angenehm anstrengende Seite ihres Sounds, mit Scream und Mathcore versehen, voller Effekte und plötzlicher Breaks. Die gibt es auch im folgenden „Flowers For The Worst Of Them“, kathartisch-grantiger Fast-Chorus inklusive, doch bleibt immer wieder Zeit und Raum für etwas Luft, für diese kurzen Verschnaufpausen und sogar etwas Klargesang. Der versteckt sich zwar tief im Arrangement, macht dieses jedoch um Welten mächtiger.
Und mächtig ist das, was sich auf diesem zweiten Album abspielt, allemal. Case and point „The Rotting Pear“: Was vordergründig wie ein bewusst überdimensionaler, überspitzter Nackenbrecher anmutet, breitet nach und nach feinsinnige Schwingen aus. Große Melodien, durchaus poppige bzw. pop-punkige Momente und ein hymnischer Schlussakt finden prima zusammen. In „Hostel Elysia“ regiert anfangs sogar der semi-balladeske Flüsterton. Ist das immer noch dieselbe Band? Und ob, denn mit der zweiten Hälfte hebt das Ding wütend, angestochen, geradezu dissonant ab. Unbändige Emotionen werden abermals kathartisch und lautmalerisch aufgelöst. Kurze, heftige Episoden zwischendurch, wie „The Radiant Apostasy“ und „Lamb Without Fold“, kondensieren den der Band innewohnenden Wahnsinn auf unter zwei Minuten und überfordern sämtliche Sinne mit wachsender Begeisterung.
Rabiat, desolat, herzensgut: Der bekömmliche Verfall auf Albumlänge bekommt For Your Health bestens. Stete Unruhe und Unvorhersehbarkeit begleiten eine angenehm kaputte, zerschossene Platte, die erst einmal Fragezeichen auf die Stirn treibt, bevor sie, Schritt für Schritt, zu zünden beginnt. Und dann so richtig: „This Bitter Garden“ ist auf wundervolle Weise anstrengend, eine Frontalattacke auf alle Sinne, bekömmlich und verführerisch, immer wieder harmoniebedürftig und zugleich im besten Sinne mit sich selbst überfordert. Langsam, aber sicher laufen imaginäre Fäden gänzlich zusammen und bilden ein mächtiges Ganzes, störrisch und mitreißend, bezaubernd und doch mit dem Mut zur Hässlichkeit. Wer sein Chaos lautmalerisch mag, ist bei diesem Leckerbissen genau richtig.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 06.06.2025
Erhältlich über: 3DOT Recordings
Facebook: www.facebook.com/foryourhealthOH
Slider-Pic (c) Stone Fenk
Letzte Kommentare