Fange – Privation
Radikaler musikalischer Kahlschlag, mutige Soundscapes und unbequeme Präsentation – Fange machen es sich und ihrem Publikum gewiss nicht einfach. Das Quartett aus dem französischen Rennes vermischt Sludge und Death Metal mit Industrial. Seit 2019 leitet ein Drum-Computer die rhythmischen Geschicke, was der Gesamtpräsentation zusätzliche emotionale Kühle und brachiale Intensität verleiht. Exakt das findet sich auch auf ihrem neuesten Werk „Privation“ wieder.
Bereits die ersten Töne des eröffnenden „Á La Racine“ machen deutlich, dass es hier ohne Rücksicht auf Verluste vorangeht. Aus dem Störfunk erhebt sich ominöse Urgewalt, die grantigen Sludge mit industrieller Synthetik befeuert. Die unbequeme Grundstimmung ist aber nur der Anfang, denn kaum setzen Gitarren und Growls ein, werden sämtliche Sinne gleichzeitig attackiert. Das geht an die Substanz, fasziniert aber. Kleinere Zäsuren und komplette emotionale Kälte begleiten das Geschehen, spielen mit Loop-artigen Gebilden und zeichnen sich dennoch durch schier unbegreifbare Bosheit aus.
Fange machen weiterhin alles kaputt, was sich ihnen in den Weg stellt. In „Portes D’Ivoire“ tauchen zwischendurch himmlische Vocals auf, für etwas Entschlackung und Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Cédric Toufouti von Hangman’s Chair verschiebt Teile des Songs in post-metallische Gefilde, was tatsächlich wunderbar funktioniert. Rundherum dominierten fiese Attacken, brütende Intensität und brachiale Attacken – bis beide Welten zum Schluss zusammenfinden und abstoßende Schönheit kreieren. Hingegen überrascht „Les Crocs Limés“ mit kernigen Death-Groove-Riffs, zumindest zeitweise. Wechselnde Stimmungen deuten Eingängigkeit an, bevor maschinelles Dauerfeuer alles zerkleinert.
Abstoßend und doch bekömmlich, so präsentiert sich der neueste Streich von Fange. Ihre Eigentümlichkeit behalten sich die Franzosen nicht nur bei, sie langen deutlich beherzter zu. Auf „Privation“ scheinen sich die Industrial-Einflüsse zu intensivieren und harmonieren besser denn je mit Sludge und Death Metal. Das wäre für sich bereits höchst kurzweilig, doch erreicht die Platte ob der sporadischen Post-Metal-Einsätze ein neues Level. Feinste Hoffnungsschimmer im Auge des Sturms sorgen für beste Unterhaltung, zumindest wenn man sich gerne durchkauen und ausspucken lässt. Abstoßende Hässlichkeit im Maschine-Mensch-Zwist mit einem Auge für das Danach: Fange zeigen sich in bestechender, verstörender Form.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 10.03.2023
Erhältlich über: Throatruiner Records
Facebook: www.facebook.com/fangesludge
Letzte Kommentare