Heron – Time Immemorial

| 11. Mai 2020 | 0 Comments
Heron

(c) Bunny Cocar

Ein feuchter Keller in East Vancouver gebar vor sechs Jahren Heron. Auf den ersten Blick scheint man auf eine weitere Sludge-Band getroffen zu sein, doch der Schein trügt. Tatsächlich setzen die Kanadier einen mitreißenden Gegenpol zu ihrem harschen Fundament, bevorzugt im Post-Rock-Feld verankert. Nach zwei Alben und zwei EPs sowie Support-Gigs für Pallbearer und High On Fire landet nun das dritte Studioalbum „Time Immemorial“ via – wie könnte es anders sein – Sludgelord.

Die Einstiegshürde nennt sich „Long In The Tooth“ und kratzt an der Neun-Minuten-Marke sowie am Nervenkostüm – wenn schon, denn schon. Schnell zeigt sich der etwas andere Ansatz der Kanadier, denn etwa das erste Viertel spielt mit Post-Rock- und Ambient-Aufbauten, bevor ein zähes, zentnerschweres Riff übernimmt und in deutlich doomigere Gefilde drängt. Wütende, vor Pech triefende Schreie fahren durch Mark und Bein, während die Gitarren im Hintergrund Psychoterror-Seiten (oder Saiten?) aufziehen. Der eigenartige Drumpattern im Schlussabschnitt macht das Verwirrspiel komplett.

Wohin Heron mit diesem Opener wollen, ist nicht so ganz klar, und doch macht der Track vom Aufbau bis zur fuchtelnden Durchführung Laune. In „Void Eater“ kommt der erhabenene Charakter des Quartetts besser durch. Wunderbar lockere Strukturen, fahrige Gitarrenwände und die obligatorische Kollision mit dem heiseren, geradezu geifernden Gekeife unterhalten. Dieser süffige, luftige Ansatz kommt auch in „Endless“ durch, wenngleich in seltenen Momenten. Kleinere Post-Zäsuren durchfahren die Sludge-Drucklawinen und verpassen dem Song ein angenehm schizophrenes Antlitz.

„Time Immemorial“ ist gewiss kein 08/15-Sludge-Album, obwohl Heron die schroffen Eckpfeiler des Genres mit wachsender Begeisterung mitnehmen. Die kantige Intensität der fiesen, mit Doom versehenen Wutausbrüche kommt gut, während offene Post-Rock-Strukturen zwischendurch für Auflockerung sorgen, manche Track geradezu proggig erscheinen lassen. Somit lassen die Kanadier absichtlich kleinere Leerstellen, die abwechselnd mit zarter Hoffnung und schonungsloser, rasender Wut gefüllt werden. Sludge-Fans sollten hier unbedingt ein Ohr riskieren.

Wertung: 8/10

Erhältlich ab: 15.05.2020
Erhältlich über: Sludgelord Records

Facebook: www.facebook.com/heronsludge

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Category: Magazin, Reviews

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