Allegaeon – Formshifter
Seit der Geburt von Allegaeon im Jahr 2008 ist die Extreme-Metal-Welt um eine mehr und mehr essentiell werdende Formation reicher. Das Quartett aus Denver / Fort Collins, Colorado – ein Schlagzeuger wird momentan gesucht, Bewerbungen werden nach wie vor angenommen – debütierte vor zwei Jahren mit „Fragments Of Form And Function“, einem brutalen Modern Death Metal-Album mit stark technischem Einschlag, auf dem man sich erst zurechtfinden musste. Eine Spur zu unterkühlt, zu steril agierte man damals, was jedoch augen- und ohrenscheinlich der Vergangenheit angehört: „Formshifter“, ihr Zweitling, zählt bereits jetzt zu den besten Death Metal-Releases des Jahres.
Ein nachdenkliches, zunächst akustisches Intro bäumt sich bedrohlich auf, nach und nach setzt der Rest der Band ein, bevor Allegaeon nach 75 Sekunden endgültig abheben: „Behold (God I Am)“ legt als angethrashte Abrissbirne mit brutaler Gewalt und Ezra Haynes‘ fiesen Growls los. Dabei steht der Sänger alles andere als im Mittelpunkt – auf Albumlänge werden die Instrumentalisten viel wichtiger. Die Rhythmusabteilung wirkt dynamisch, druckvoll und aggressiv, selbst Corey Archuletas Bass wird viel Platz für kleine Spielereien und Ausflüge zugestanden. Ryan Glisan und der klassisch ausgebildete Greg Burgess hingegen jagen sich präzise Riffs und technisch anspruchsvolle, schrille Soli um die Ohren, gerne auch vor einem martialisch groovenden Hintergrund mit feiner Jazzseite. Und das alles in besagtem Opener, der hinten raus zum hymnischen Stomper wird. Gut sieben Minuten dynamische, abwechlungsreiche Brachialgewalt mit Hirn – wo soll das noch hinführen?
Am besten zu „Tartessos: The Hidden Xenocryst“, dem zweiten Track dieser Platte. Erneut hetzen Glisan und Burgess über die Griffbretter, ohne sich dabei auf sprödes Muckertum zu verlassen. Stattdessen setzt es einen fiesen Arch Enemy-Refrain mit Obscura-Schlagseite – lecker. In dieser Gangart geht es auch weiter: „Twelve“ schraubt das Thema in ungeahnte Höhen und liefert technischen Todesstahl vom Feinsten, „Formshifter“ pendelt zwischen Blast und Nachdenklichkeit, „Secrets Of The Sequence“ schielt mit seinen infernalen Melodie-Gebilden zeitweise gar in Richtung Ihsahn. Zum Drüberstreuen gibt es „Timeline Dissonance“, mit 200 Sekunden Spielzeit kürzester Track des Allegaeon-Zweitlings und stellenweise in seiner Direktheit beinahe erdrückend. Machine Head-Riffs treffen auf ungefilterte Black Dahlia Murder-Bosheit – mehr Wahnsinn geht nicht.
Ihre tödliche Formel haben die Mannen aus den Rocky Mountains nun wohl gefunden: Das unterkühlte Auftreten des Debütalbums wirkt wie weggeblasen, technischer Anspruch und packende Melodien gehen nunmehr Hand in Hand. „Formshifter“ entpuppt sich als energischer, unnachgiebiger Nackenschlag, direkt und brutal, martialisch groovend und ohrenbetäubend schnell. Dave Oteros Produktion (Cephalic Carnage, Cattle Decpation, Vale Of Pnath) akzentuiert nicht nur die anspruchsvolle Gitarrenarbeit, auch Archuletas Bassspiel bekommt jenen Freiraum, den es benötigt. Ezra Haynes als Schwachstelle zu bezeichnen, wäre vielleicht ein wenig überzogen, aber so abwechslungsreich und unberechenbar die Arrangements auch wirken, gesanglich fehlt der gewisse Aha-Effekt, die entsprechende Dynamik, um dieser Platte gerecht zu werden, um über bissige Zweckmäßigkeit hinaus zu gehen. Es ist dies jedoch nicht mehr als ein kaum merkbarer Schönheitsfleck eines ansonsten überragenden Albums.
Wertung: 9/10
Erhältlich ab: 04.05.2012
Erhätlich über: Metal Blade (Sony Music)
Facebook: www.facebook.com/allegaeon
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