Cranial – Structures

| 28. September 2025 | 0 Comments
Cranial

(c) Dominik Morber

Wie manch andere Band ließen es auch Cranial zuletzt ruhig angehen, veröffentlichten ihr letztes Album im August 2019. Das hatte nicht nur pandemische Gründe; der viel zu frühe Tod von Ex-Drummer Cornelius Merlin, der die Band aufgrund der unheilbaren Nervenerkrankung ALS zuvor verlassen hatte, hinterlässt nach wie vor seine Spuren. Wenig überraschend ist „Structures“ tief in so intensiven Emotionen wie Trauer, Wut und Unsicherheit verankert, schafft aber tatsächlich den Sprung auf das sprichwörtliche nächste Level.

Vier überlange Tracks sind es geworden, zusammen gut 43 Minuten lang, die zugleich ein eindrucksvolles Gespür für Dynamik offenbaren. Hier weiß jemand ganz genau, wie die eigene Musik zu klingen hat, wo selbst inmitten monumentaler Wände zwischen Post Metal und Sludge die Wichtigkeit gehaltener Pausen betont wird. Exakt das gelingt bereits mit dem eröffnenden „Guidelines“, das erst spät so etwas wie ein Leitmotiv aus dem gefühlt durchgehenden Druck herausarbeitet. Das zunächst gesprochene Wort verwandelt sich schrittweise in infernale Growls, voller Schmerz und Verzweiflung, dem kompletten Zusammenbruch nahe. Dass daraus dennoch feinste Melodieansätze entspringen können, weiß zu beeindrucken.

Cranial reizen die Möglichkeiten von Zäsuren, von Ebbe und Flut, von purer Selbstzerfleischung mit wachsender Begeisterung aus, und „Into The Abyss“ nähert sich der Perfektion, während sämtliche Sinne gleichzeitig überlastet werden. Es sind die majestätischen, fast anmutigen Aufbauten der ellenlangen Sorte, die auf die komplette Eskalation des Seins vorbereitet. Geifernde Screams und Growls treffen auf fast doomige Schwere, der Song zerlegt sich mittendrin und scheint urplötzlich aufzublühen. Fast melodisch, fast hymnisch, fast hoffnungsvoll – und doch ist der komplette Absturz nicht weit, abgewrackte Post-Black-Metal-Sprints inklusive.

Mit dieser kompletten, kompromisslosen Überforderung und Überreizung rennen Cranial im besten Sinne offene Türen ein, nur um diese mit Nachdruck hinter sich zu verschließen. Binnen kürzester Zeit fühlt man sich in schwer in angemessene Worte zu kleidende Untiefen hinabgezogen und kämpft gegen die Elemente, die Emotionen, die gesammelten Widrigkeiten des Seins. „Structures“ strapaziert das Nervenkostüm und zwingt immer wieder in die Knie. Dennoch berappelt man sich immer wieder, so wie Cranial nie unter der schieren Wucht ihrer Arrangements zusammenbrechen. Hut ab vor dieser Energieleistung.

Wertung: 8/10

Erhältlich ab: 02.10.2025
Erhältlich über: Moment of Collapse Records (Broken Silence)

Facebook: www.facebook.com/CRANIALBAND

Teile diesen Artikel

Tags: , , , ,

Category: Magazin, Reviews

Demonic-Nights.at - AKTUELLES