Hiroe – Wield

(c) Chris Sikich
Es mag nachträglich doch ’nur‘ eine EP gewesen sein, doch rannten Hiroe vor ziemlich genau drei Jahren mit „Wrought“ offene Türen ein. Der mal gefühlvolle, mal aufbrausende und stets rein instrumentale Post Rock mit metallischen Untertönen erinnert(e) an allerlei Größen und fand doch schnell eine ureigene, hochspannende Handschrift. Ein paar Änderungen im Line-up später erhebt sich mit „Wield“ nun das erste tatsächliche Album gar majestätisch und illustriert laut Gitarrist und Hauptsongwriter Eric Kusanagi die Absicht, mehr musikalische Breite zu zeigen.
Das gelingt auf jeden Fall, denn so intensiv, mitreißend und vielschichtig waren Hiroe auf ihrem bereits starken ersten Release noch nicht. Eine dieser Großtaten beschließt das Album: „I’ve Been Waiting For You All My Life“ ist gewiss kein einfacher Track, experimentiert im rhythmischen Bereich und lässt zunehmende Synthetik erst in dicke, finstere Gitarrenwellen, später in pianoartige Klänge übergehen. Der Song entlädt sich wieder und wieder, wenngleich stets mit kleinen, aber feinen Variationen. Dieser emotionale Malstrom geht im besten Sinne an die Substanz, zieht eine imaginäre Schlinge immer enger und nimmt doch fest in den Arm.
Eine weitere Meisterleistung ist das zunächst sehr vorsichtige „Dancing At The End Of The World“, dem tatsächlich so etwas wie fatalistische Leichtigkeit innewohnt. Wie die Drums immer lauter und dominanter werden, bevor sich der kathartische Höhepunkt mit dezent sperrigen Ansätzen entlädt, macht absolut Laune. Hingegen beruhigt der Opener „The Calm“ im besten Sinne und macht sich für eine große Reise bereit, die sich in „Tides“ – no na ned – in mehreren narrativen Wellen entlädt und ausbreitet. Hiroe operieren über weite Strecken am Limit, holen ordentlich Heavyness hinzu und überraschend mit einem angethrashten Finale.
Jede einzelne dieser sechs Episoden ist auf ihre Weise besonders. Hiroe erinnern an ein goldenes Zeitalter des Post Rock, das sich auf wesentliche narrative Fäden konzentrierte, Experimente wagte und doch stets den Song in den Mittelpunkt rückte. Exakt das geschieht auch auf „Wield“, das wahre Kolosse aus dem imaginären Boden stampft und diese anschwellen lässt. Oder mit der Tür ins Haus fällt. Oder sich wieder und wieder aufbäumt, massiv und unberechenbar. Das hier ist eine willkommene Meisterleistung, facettenreich, angenehm frisch, traditionsbewusst und zugleich mit Lebendigkeit und Aufbruchstimmung versehen – ein mehr als exzellenter, auf ganzer Linie beeindruckender Einstand auf Albumlänge.
Wertung: 9/10
Erhältlich ab: 20.06.2025
Erhältlich über: Pelagic Records (Cargo Records)
Website: www.hiroemusic.com
Facebook: www.facebook.com/hiroemusic
Slider-Pic (c) Chris Sikich
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