Slower – Rage And Ruin
Slayer-Klassiker im Doom-Gewand, mit dieser spannenden Idee wurden die prominent besetzten Slower zu Jahresbeginn vorstellig. Ihr selbstbetiteltes Debüt war eine kleine Sensation, der Nachfolger steht auch schon bereit. Wobei es hier doch etwas anders kam. Abgesehen von der auf ein Minimum reduzierten Besetzung um Mastermind Bob Balch (Fu Manchu, Big Scenic Nowhere, Yawning Balch), Amy Tung Barrysmith (Year Of The Cobra) und Esben Willems (Monolord) klappten die Pläne, die Slayer-EP „Haunting The Chapel“ aus dem Jahr 1984 zu covern, nicht so recht. Bereits beim dritten Song kam man nicht weiter … und schrieb stattdessen eigenes Material. Letztlich haben es zwei Slayer-Interpretationen und vier komplett neue Tracks auf „Rage And Ruin“ geschafft.
Jeweils zwei eigene Songs pro Seite rahmen ein Cover ein. Wüsste man es nicht, man würde rein qualitativ keine Unterschiede erkennen. Natürlich fällt mit „Chemical Warfare“ ein Slayer-Track alleine schon ob der Spielzeit von elf Minuten sofort auf. Das geschickt entschleunigte, dröhnende Riff brennt sich binnen Sekunden ein, toxischer Groove macht sich breit, dazu singt Barrysmith so verführerisch und entrückt wie eh und je. Ellenlange Kniffe und Wendungen, dazu ein zerlegtes Solo – das macht mindestens so viel Laune wie „Haunting The Chapel“, das in den Händen von Slower tatsächlich noch bedrohlicher klingt. Hier baut sich eine gewaltige, unüberwindbare Wand auf, schwerfällig, überspitzt und übermannend.
Und die eigenen Songs? Sind auch verdammt gut, wie beispielsweise „Sins Of The Dead“ zeigt. Das Verständnis für drückenden, mit massig Effektgeräten versehenen Doom schimmert sofort durch, brutale Intensität legt sich zentnerschwer aufs Gemüt und wird von endlosen Schleifen sowie präziser Solierung zerlegt. So rockig hat man Balchs Gitarre schon länger nicht gehört. Das eröffnende „Hellfire“ überrascht hingegen mit seiner Härte, schraubt das Tempo leicht nach oben und schlägt immer wieder zu. Barrysmith klingt freundlich, fast schon vergnügt, die Rhythmusabteilung marschiert stoisch und bietet virtuosen Gitarrenwänden ein majestätisches Fundament. Double-Bass-Einsatz im Schlussakt überrascht im besten Sinne.
Viel gewagt, noch mehr gewonnen: Natürlich hätten Slower auf Nummer Sicher gehen und sich einfach ein paar weitere Slayer-Songs zusammenklauben können, doch wäre das irgendwann langweilig geworden. Dass hinter diesem Projekt nicht nur starke Musiker, sondern auch richtig gute Songwriter stecken, wird auf „Rage And Ruin“ immer wieder deutlich. Ja, die Cover-Tracks sind stark, doch steht das eigene Material sogar noch mindestens eine Stufe höher. Doomiger Freigeist mit Fuzz-Untertönen, roher Brechstange und überraschender Explosivität – das findet prima zusammen. Slower stehen fest auf eigenen Beinen mit dem zweiten starken und doch irgendwie ganz anderen Album innerhalb eines Jahres.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 01.11.2024
Erhältlich über: Heavy Psych Sounds Records (Cargo Records)
Instagram: www.instagram.com/slower_666
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