Wisent – The Acceptance. The Sorrow.

| 27. November 2023 | 0 Comments
Wisent

(c) Marco Chryztl

Es gibt Plattenfirmen, die assoziiert man automatisch mit härteren Klängen. DevilDuck gehört definitiv nicht dazu, ist vor allem als Heimat für Indie-, Folk- und Alternative-Platten mit großer Stilsicherheit bekannt. Dass das Leipziger Quartett Wisent nun hier untergekommen ist, überrascht ein bisschen, doch fällt es schwer, sich ihrer Post-Hardcore-Wucht zu entziehen. Aber nicht nur das: „The Acceptance. The Sorrow.“ ist das erste Konzeptalbum der Labelgeschichte und zugleich der erste komplette Longplayer der Band, die sich offensiv mit Trauer, Kummer und Reflexion auseinandersetzt, und dabei keinesfalls vor starkem Tobak zurückscheut.

Was hier Sache ist, trägt der Opener bereits im Titel: „Lullaby To The Lost“ schreitet anmutig und zugleich gebrochen voran. Der Kopf wird krampfhaft oben gehalten, das zerstörte Innenleben tritt jedoch mehr und mehr an die Oberfläche. Wütende Blast-Attacken werden immer wieder als emotionales Stilmittel herangezogen, während die Vocals unheimlich viel Schwere in sich tragen. „Invincible“ geht es noch eine Spur forscher, wenngleich melodischer an. Nahezu punkige Untertöne mischen sich in den Refrain, während der Unruheherd rundherum um Fassung ringt und mit mentaler Schieflage kämpft. Und dann taucht er doch wieder auf, dieser hymnische Hauptteil, der sich beherzt zurückkämpft.

Der Kampf spielt im musikalischen Schaffen von Wisent eine Rolle, denn selbst wenn man um Akzeptanz bemüht ist, funktioniert das doch nicht immer ganz so, wie man sich das vielleicht vorstellt. Das wiederholte Zögern und Zaudern von „Alone In The Nothingness“, das dennoch jenseitige Ansätze verkappter Hoffnung inmitten tiefster Düsternis findet, passt wunderbar ins Bild, wirkt giftig und unbequem, begegnet einem Silberstreif mit Post-Black-Metal-Ansätzen. Das überrascht, wird im abschließenden „Over The Horizon“ jedoch weiter kultiviert. Wütendes Ausrasten und bestialische Maßlosigkeit passen erstaunlich gut in den Wisent-Sound. „Martyr“ wirkt im Vergleich erholend, meditativ und doch leicht verstörend mit seiner verkappten Eingängigkeit.

Stete Nervosität umgarnt dieses Werk mit erstaunlicher Präzision. Netz, doppelter Boden und expliziter Weltschmerz werden zu Instrumenten der Einsicht, wo eine andere Sicht fehlt. Man weiß nicht so recht, wie man „The Acceptance. The Sorrow.“ erfassen und verarbeiten soll, was wiederum perfekt zur Thematik passt. Wisent gelingt ein Volltreffer, schaffen sie es doch verdammt gut, widersprüchliche Emotionen zusammenzubringen und in nervöse Klänge zu kleiden. Post-Hardcore für Fortgeschrittene – mal etwas melodischer, dann wieder knüppelhart – weiß zu begeistern. Auf diese Herren muss man künftig achten.

Wertung: 8/10

Erhältlich ab: 01.12.2023
Erhältlich über: DevilDuck Records (Indigo)

Facebook: www.facebook.com/wisentband

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Category: Magazin, Reviews

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