Lantlos – Wildhund

| 30. Juli 2021 | 0 Comments
Lantlos

(c) S. Friesen

Die gefühlt permanente Häutung von Lantlos geht in die nächste Runde. Mehr als sieben Jahre nach „Melting Sun“ bemüht Markus Siegenhort ‚Hardcore Softness‘, also eine unfassbare Menge an Kitsch und Süße, die sich künstlich und verwirrend anfühlt. Kindheitserinnerungen, Nostalgie, Kaugummi und Freiheit treffen auf eine Mischung aus Alternative Rock, Shoegaze und Post Rock mit kräftigem 90s-Einschlag. „Wildhund“ lässt letzte metallische Anteile nahezu komplett zurück.

Am ehesten bringt noch das abschließende „Lich“ etwas von diesen frühen Tagen mit, unterspült die befremdliche Süße mit hohem Tempo und punkig-metallischer Intensität, ohne jemals gänzlich in derlei Gefilde abzudriften. Der freundliche, lichte Gesang steuert gekonnt dagegen. „Amber“ bringt den gegenwärtigen Lantlos-Sound prima auf den Punkt. Während der wuchtige Unterbau durchaus mit Deftones mithalten kann, türmen sich darüber Pop-Interpretationen von Hum und Dinosaur Jr., ja sogar den Smashing Pumpkins auf. Gewisse Störsignale brechen mit der vermeintlichen Idylle, das Ausreizen kitschiger Konzepte wirft sogar kurze, ruppige Shouts ab.

Es bleibt allerdings vor allem bei dicken Harmonien, viel Gefühl und babyblau-pinker Entfremdung: „Lake Fantasy“ macht seinem Namen alle Ehre und taucht bis auf den Grund, um mit einem goldenen Glitter-Armreif zurück zur Oberfläche zu kehren. Das ellenlange „Dream Machine“ intensiviert die Dream-Pop-Anwandlungen auf „Melting Sun“ in Gaze-Vollendung und baut sogar dezente Prog-Querverweise ein, wie sie Steven Wilson auf früheren Soloalben verfolgte. Mittendrin erhöht „Vertigo“ ein weiteres Mal die Schlagzahl und deutet Wutausbrüche an, die sich letztlich doch in schillernden Wohlgefallen auflösen.

Das konsequente Verwirrspiel ist komplett: Lantlos übersteuern, was ihnen vor die Flinte läuft, und drehen am leuchtenden Rad. Von den schroffen und doch atmosphärischen Anfangstagen könnte „Wildhund“ kaum weiter weg sein, doch macht die Entwicklung absolut Sinn. Mehr noch, diese Platte lässt einfach nicht los. Siegenhorts Ansatz, Überzeichnung zur konsequenten Methode zu erklären, macht sich bezahlt, denn hier finden sich unzählige Ohrwürmer mit einem Twist und so manchem Aha-Moment. Auch nach ihrer langen Pause bleiben Lantlos eine Bank, vielleicht sogar faszinierender denn je.

Wertung: 8/10

Erhältlich ab: 30.07.2021
Erhältlich über: Prophecy Productions (Soulfood Music)

Facebook: www.facebook.com/lantlos

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Category: Magazin, Reviews

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