Sumac – May You Be Held

| 29. September 2020 | 0 Comments
Sumac

(c) Reid Haithcock

Die Suche nach Gemeinsamkeiten in einer Welt, die stetig weiter auseinanderdriftet, beschäftigt auch Sumac. Wenn das prominent besetzte Trio um aktuelle und ehemalige Mitglieder von Botch, Russian Circles, Baptists, These Arms Are Snakes und Isis nicht gerade mit Keiji Haino sämtliche Hörgewohnheiten zerlegt, sucht man nach dem Sinn der Existenz in gespaltenen Zeiten. Entsprechend ist der Albumtitel „May You Be Held“ als Hoffnung auf eine bessere Zukunft, auf ein Zusammenkommen und Überwinden der Gräben zu verstehen. Auch wenn die Musik dies nicht unbedingt vermuten lässt.

Tatsächlich führt der Weg ans Licht durch Drone und Feedback-Schleifen. „A Prayer For Your Path“ sucht als eine Art ausgedehntes Instrumental-Intro nach der großen Erleuchtung, die selbstverständlich ausbleibt. Danach übernimmt der Titelsong mit lässigen, kompakten 20 Minuten. In dieser Zeit häuten sich Sumac gleich wiederholt und lassen keinen Stein auf dem anderen. Der brodelnde, nervöse Aufbau mit Aaron Taylors infernalen Vocals bereitet auf durchaus melodische Ansätze vor. Ein gewisses Schimmern, beinahe ein Leuchten – ist doch alles eitel Sonnenschein? Selbstverständlich nicht, denn die erste von vielen Abfahrten verbindet Math-Polyrhythmik mit höllischen Growls, bevor eine gewaltige instrumentale Wand – bestimmt nicht die letzte – folgt. Sumac winden sich in diesem Mammut, wobei das voluminöse Sludge-Finale einiges kann.

Während man noch irgendwie versucht, diesen Track zu verdauen, ist das Trio bereits einige Türen weiter. „The Iron Chair“ hangelt sich von noisigem Sludge in eine Feedback-Drone-Kaskade mit losgelösten, flatternden Vocal-Elementen und puristischem Chaos. So etwas wie Struktur lässt sich nicht erkennen, was bei Sumac wiederum Methode hat. Und so lässt sich das folgende zweite Mammut „Consumed“ Zeit, auf den Punkt zu kommen. Wenn nach fünf Minuten eine Art Post-Gummitwist mit krachenden Gitarren und verhindertem Groove einsetzt, ist man den Nordamerikanern hoffnungslos ausgeliefert. Die Wolken ziehen zu, die Stimmung verfinstert sich und spielt sogar mit der schwarzmetallischen Seite des Genres. Eine finale Mathcore-Explosion nach kurzer Zäsur reißt mit, bevor „Laughter And Silence“ die instrumentalen Schleifen des Openers für puristisches Kargland erneut aufgreift.

Fleischgewordene Ernüchterung wird zum Stimmungsaufheller: „May You Be Held“ ist eine kuriose Platte einer nicht minder kuriosen Band. Hörbar von den verschiedenen Kollaborationen mit Keiji Haino beeinflusst und angetrieben, entfremden Sumac ihren Sludge-lastigen Post-Metal-Sound noch weiter. Kollektives Unwohlsein fördert zähe, beinahe doomige Parts, zarte Schimmer melodischer Hoffnung und pures Chaos neben Endlosscheifen zutage. Gute Nerven sind Pflicht, Sitzfleisch sowieso. Und doch funktioniert der kaputte Mix auf schwer in Worte zu fassende Weise – man fühlt sich vielleicht nicht gehalten, aber doch verstanden.

Wertung: 8/10

Erhältlich ab: 02.10.2020
Erhältlich über: Thrill Jockey (Indigo)

Facebook: www.facebook.com/SUMACBAND

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Category: Magazin, Reviews

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