Harlott – Proliferation
Braucht es über drei Jahrzehnte nach der Bay-Area-Ursuppe überhaupt noch junge, klassische Thrash-Bands? Wenn sie wie Harlott klingen – fuck yeah! Die vier Australier durften unter anderem bereits für Accept eröffnen und sind demnächst in Europa als Annihilator-Support unterwegs. Mit einem Sound zwischen Slayer und Kreator rennen Herren aus Down Under bei Traditionalisten offene Türen ein. Ihr zweites Album „Proliferation“ macht den Genre-Giganten stellenweise sogar Konkurrenz.
Zwölf aus tiefstem Herzen angepisste Tracks jagen mit zumeist rasender Geschwindigkeit aus den Boxen und überzeugen selbst unterhalb der punkigen Zwei-Minuten-Marke. Besonders die Mini-Symphonie „Bloodlust“, die zwischen High-Speed-Thrash, Punk, mehrstimmigen Leads, Klassik und ein wenig Groove pendelt, wirkt trotz knapp bemessener Spielzeit zu keiner Zeit überladen und fällt nahezu perfekt aus. Etwas geordneter agiert hingegen der eröffnende Titeltrack. Andrew Hudson keift sich die Seele zu Kreator-Leads und Slayer’scher Hektik aus dem Leib, auch eine nicht zu verachtende Dosis Exodus wird zum steten Begleiter – auch über den Song hinaus.
Von hier an legen Harlott einen gar formidablen Siegeszug hin. Hit folgt auf Hit, Blendgranate auf Blendgarante. Immer, wenn sich die Australier zu überschlagen drohen – siehe und höre unter anderem „Cross Contamination“ -, treten ordnende Vocals oder nicht minder rasante, positiv zermürbende Gitarrensoli auf den Plan. Wenn es dann, wie in „The Fading Light“, zumindest stellenweise etwas langsamer wird und Harlott die Groove-Walze auspacken, ist Zeit für heiseren Gesang, für präzise Melodien, für ordentlich Druck und das tiefe Ausholen zur nächsten Attacke.
Mit ihrem zweiten Album „Proliferation“ werden Harlott zu den Thrash-Hoffnungsträgern überhaupt. Von vorne bis hinten lassen sich keine echten Schwachstellen erkennen. Obwohl zumeist die Dampfwalze regiert, brettert das Quartett keineswegs stumpf über seine Songs hinweg, sondern lässt auch bei Höchstgeschwindigkeit die feine Klinge aufblitzen und deutet gleichzeitig einen marginalen Hang zur klassischen Metalschule an. Das mag vielleicht nur bedingt originell sein, stellt aber, zumindest 2015, die Releases der großen Vorbilder locker in den Schatten.
Wertung: 9/10
Erhältlich ab: 18.09.2015
Erhätlich über: Metal Blade (Sony Music)
Website: www.harlott.com.au
Facebook: www.facebook.com/HarlottOfficial
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