Törzs – Menedék

(c) Akos Sogor
Die fünfeinhalb Jahre seit dem Release von „Tükör“ waren auf globaler Ebene eine sehr ereignisreiche Zeit, gewiss ebenso im kreativen Leben von Törzs. Die ungarischen Post-Rock-Meister nahmen besagte Platte inmitten eines Höhlensystems auf, konnten sie jedoch nur sporadisch auf die Bühne bringen. Zudem verließ Drummer und Gründungsmitglied Zsombor Lehoczky nicht nur die Band, sondern kehrte der Musik an sich komplett den Rücken. Soma Balázs und Dániel Nyitray fanden in Tamás Szijártó einen mehr als würdigen Nachfolger, der eine ähnliche kreative Vision verfolgt. Im Mini-Proberaum erarbeitet und schließlich in einem ’normalen‘ Studio aufgenommen, fühlt sich „Menedék“ jedoch keinesfalls eingesperrt.
Zu den zentralen Themen einer insgesamt introspektiv angelegten Platte zählen Schutz, Zuflucht und Unterstützung – eine geradezu hoffnungsvolle Message für Zeiten wie diese, die im gewaltigen Opener „Egy Pillanatban a Végtelen“ sogleich Formvollendung findet. Knapp 13 Minuten nimmt sich das Trio für seine rein instrumentale Wundertat Zeit, lässt die Gitarre erst gar wunderbar im weiten Klangraum erzittern und nimmt nur langsam, fast behutsam weitere Spuren hinzu. Dieser gemächliche Aufbau führt zu mehreren kleinen Plateaus, nimmt sich immer wieder zurück und verliert doch nie sein Ziel aus den Augen. Die etatmäßige Post-Rock-Katharsis kommt spät, dafür heftig und eindringlich – ein herzhaftes, mächtiges Glanzlicht am düsteren Horizont.
Und solche Schimmer gibt es mehrere, wie das am anderen Albumende angesiedelte „Otthon“. Diese Abhandlung über das ‚Zuhause‘ benötigt ebenso mehrere kleine Wellen, um halbwegs in Fahrt zu kommen, bevor nach vier Minuten das große Aha-Momentum von pulsierenden Drums eingeleitet wird. Doch auch das zarte Abebben ist mindestens so stark. Hingegen fällt „Levegővétel“ beinahe mit der Tür ins Haus, gibt sich schon zu Beginn aufbrausend, nur um in zunehmend tiefere Abgründe zu purzeln. Aus dem Abtauchen entsteht jedoch ein weiterer schillernder Moment, eine fast unmerkliche und doch so drastische Explosion, bevor zarte Zwischentöne die Finalität vorbereiten.
Es sind gerade die zarten Momente, die Schutz und Zuflucht suchen, die Hoffnung auf bessere Tage wecken, die nicht mehr aus dem Kopf gehen. Törzs verleihen ihrer Musik ein gesundes Maß an emotionaler Intelligenz, forcieren langsames Wachstum und herzhafte Zwischentöne, langen im richtigen Moment zu und blühen doch gerade durch ihre Klangarchitektur so richtig auf. Denn eigentlich lebt „Menedék“ von der Fragilität der Dinge, die raumfüllend sinniert und sich trotz kapitaler Ermattung gegen jegliche Form der Kapitulation stemmt. Es mag eine ganze Weile dauern, bis dieses Album seine volle Strahlkraft entfaltet, doch ist der Post Rock der Ungarn voller Magie, bezaubernd und doch ernst, gar schonungslos. Es lohnt sich, diese Platte in aller Ruhe zu erarbeiten.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 16.05.2025
Erhältlich über: Pelagic Records (Cargo Records)
Website: torzstorzs.com
Facebook: www.facebook.com/toerzs
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