you, infinite – you, infinite

(c) you, infinite
Die Situation rund um This Will Destroy You ist, gelinge gesagt, bizarr. Im Vorjahr lösten die beiden verbliebenen Gründungsmitglieder Jeremy Galindo und Christopher Royal King die Band auf, um vorab mit zwei unterschiedlichsten Line-ups getrennt voneinander zu touren und verschiedene Phasen auf die Bühne zu bringen. Der Name beider Formationen: This Will Destroy You. Weniger Kopfschmerzen verursacht jedoch das Comeback von Raymond Brown, ein anderes Gründungsmitglied, das bereits 2007 ausstieg, um eine Karriere in der Medizin zu verfolgen. Während der Pandemie sammelten sich mehr und mehr Ideen an, die nach einem Outlet verlangten. Das fand er in you, infinite und holte sich Jeremy Galindo an Bord für eine etwas andere Reunion von This Will … ach, auch egal. Mit „you, infinite“ steht das gleichnamige erste Album in den Startlöchern.
In stattlichen 65 Minuten geht es zurück zu den gemeinsamen Anfängen, erst getrennt geschrieben, bevor man sich über drei Jahre hinweg immer wieder für die Feinarbeien traf. Geboten wird, wenig überraschend, rein instrumentaler Post Rock der ausufernden Seite. Bestes Beispiel dafür ist „The Elder“, mit seinen knapp acht Minuten nicht annähernd der längste Song, dafür voller kleiner und großer Feinheiten. Während man auf die große, monumentale Eruption wartet, biegen you, infinite einfach in eine minutenlange Quasi-Zäsur ein. Klassische Post-Rock-Taktiken bekommen eine Pause, das kurze Aufbrausen zu Beginn bleibt die Ausnahme. Stattdessen regieren in diesem Epos die leisen Töne, das konstante Ausharren.
Das gelingt auch dem Elfminüter „Understated“ gar wunderbar. Zarte Momente, die fast nach einer kleinen Symphonie verlangen, machen es sich in der Beinahe-Idylle gemütlich. Erst spät heben die Drums etwas ab, leiten den unvermeidbaren Höhepunkt ein, der sich trotz mehr Distortion zurücklehnt und die luftige, voluminöse und zugleich behutsame Arrangierung für sich sprechen lässt. Exakt jene Momente reduzierter Schönheit zeichen auch das grandiose „Throughlines“ aus, das stellenweise sogar isländische Vergleiche zulässt, nur um von einem kompakten, bewegenden finalen Crescendo abgelöst zu werden. Dass es ausgerechnet in „Dormant“ kurz schön laut wird, mittendrin und fast ansatzlos, passt ins Bild.
Hier wird nichts dem Zufall überlassen, wenngleich die Musik für sich stehen und sprechen darf, ja sogar soll: you, infinite entledigen sich sämtlicher störender Nebengeräusche und entführen binnen längster Zeit in eine ganz andere Welt. Ja, ihr Einstand geht in die Vollen, was die Spielzeit betrifft, punktet ansonsten hauptsächlich durch zarte, intime Momente. Der Wunsch, an die ersten gemeinsamen Schritte mit This Will Destroy You anzuknüpfen, gelingt Brown und Galindo, ohne jedoch in die Nostalgiefalle zu tappen. Grandioser, epochaler und doch auf das Wesentliche fokussierter Post Rock geht unter die Haut – ein packender gemeinsamer Anfang, dem hoffentlich noch lange kein Ende innewohnt.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 28.02.2025
Erhältlich über: Pelagic Records (Cargo Records)
Facebook: www.facebook.com/people/You-infinite/61569630656328
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