The Alligator Wine – Bones And Teeth

(c) Salome Teufel
Der Retro-Chic von The Alligator Wine findet endlich eine Fortsetzung. Eigentlich möchte man die Duo-Besetzung samt instrumenteller Limitierung – keine Gitarre, kein Bass, stattdessen Orgel, Moog und Synthesizer – als Gimmick abtun, doch ist der Vintage-Rock-Sound der Herren aus dem Schwarzwald darüber mehr als erhaben. Für den Nachfolger von „Demons Of The Mind“ gibt es eine neue Label-Heimat und ausgefeiltes Songwriting, was bei fast dreieinhalb Jahren seit der letzten Platte kaum verwundern dürfte. „Bones And Teeth“ räumt ab.
Rein quantitativ geben sich Roberto Vitacca und Thomas Teufel etwas geizig. Sieben Songs in 28 Minuten legen die Würze in die sprichwörtliche Kürze, denn so etwas wie Verschnitt gibt es trotz Sensenfoto ganz und gar nicht. Bereits das eröffnende „Powers Of Love“ lässt die Stimmung überkochen, dreht herrlich am Rad und steuert auf mächtige Melodien, viel Groove und etwas Psychedelik im Unterbau zu. Das Spannungsverhältnis zwischen sprunghafter Explosivität und gekonnt eingesetzter Schwere setzt dem Geschehen die Krone auf, kleinere Breakdowns sorgen für die nötige Würze.
„Harlekin Moon“ gibt sich verspielt und verrucht, scheint sich in einen Club voller zwielichtiger Gestalten zu begeben, nur um nach vier Drinks mit der Stirn an der versifften Bar zu kleben. Und doch liegt eine gewisse Leichtigkeit, eine Beschwingtheit über dem Geschehen, die selbst im depressivsten Moment durch die Szenerie tänzelt. In „Anyone“ kommt die Elektronik recht gut, Falsett und Disco-Chic wissen zu unterhalten und verpassen einen leicht schrägen, hochgradig unterhaltsamen Anstrich. Und dann ist da noch der lange, schleppende Abgang „The One Who Knocks“. The Alligator Wine nehmen das Tempo heraus, kämpfen sich durch den Nebel und deuten bluesige Anleihen in hymnische Schleifen um. Speziell der Schlussakt geht nicht mehr aus dem Ohr.
Mag sein, dass dieser Zweitling mit recht knapp bemessener Spielzeit ums Eck kommt, doch gibt es für solche Fälle eine Repeat-Taste, für die es hier bestimmt keine Pause gibt. „Bones And Teeth“ knüpft nahtlos an die bisherigen Releases an. Natürlich fällt das Geschehen alleine schon ob der instrumentalen Besetzung aus dem Rahmen, doch liegt gerade darin der Reiz. The Alligator Wine nehmen das zum Anlass, um Erwartungen zu verqueren und klassisch inspirierte Songs anders aufzuziehen. Das gelingt auf dem Zweitling noch besser, weil das Songwriting um Welten eingespielter wirkt, weil man mehr wagt, weil kreative Freiheit das Heft in die Hand nimmt. So muss Vintage.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 15.09.2023
Erhältlich über: Supreme Chaos Records
Website: www.thealligatorwine.com
Facebook: www.facebook.com/thealligatorwine
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