Moor – Heavy Heart

| 11. Mai 2023 | 0 Comments
Moor

(c) Michael Mahncke

Den Titel des ersten Albums von Moor um aktuelle und ehemalige Mitglieder von The Ocean, Sport, Tephra und rha kann man auf mehrere Weisen verstehen. Aufgenommen haben die Hamburger die Platte noch in Originalbesetzung. Binnen kürzester Zeit erhielten Gitarrist Ben Laging und Tieftöner Christian Smukal ihre Krebsdiagnose, der Bassist und Mitbegründer erlag 2022 seinem Kampf gegen das Arschloch. Smukal wünschte sich die Fortsetzung der Band, und so ist das neu aufgestellte Quintett mit Elinor Lüdde (Corecass) an den Drums und Ralph Ulrich (Kavrila) am Bass weiterhin aktiv. „Heavy Heart“ widmet sich Doom der etwas anderen Sorte.

„Tears From Acrid Smoke“, zugleich die erste Video-Auskopplung, bringt den eigenwilligen wie faszinierenden Ansatz der Nordlichter auf den Punkt. Ja, Doom nimmt das Heft in die Hand, doch bewegt man sich keinesfalls in klassischen Gefilden. Die Verbindung mit Sludge und Post Metal weckt natürlich Erinnerungen an Neurosis, doch sonnt man sich eben nicht im überlebensgroßen wie gleißenden Schatten. Zwischen majestätisch marschierenden Drums, schneidenden Gitarren und wütenden, schmerzerfüllten Vocals ergibt sich ein spektakuläres wie desolates Klangbild. Der Klargesang am Höhepunkt weckt falsche Hoffnung und wirkt wie Hohn im besten Sinne.

Im eröffnenden „Heavy Heart“ explodiert Ercüment Kasalar gleich zu Beginn mit vokaler Vehemenz und zieht in media res. Der schwere Gang, die bleierne Präsentation, die ungefilterte Wut, die puristische Intensität, das schleppende Auftreten – hier findet zusammen, was zusammengehört, von manischen Melodieansätzen (mehr als Ansätze gibt es auf dieser Platte nicht) gekonnt in Szene gesetzt. Das abschließende „Breath Like Nails“ schießt mit wachsender Begeisterung über die Neun-Minuten-Marke hinaus. Tatsächlich bringt das todtraurige Leitmotiv doomige Intensität mit, doch sorgen zunehmende Entfremdung, schroffe Präsentation in Zeitlupe und gemächlich gerührte Kessel für wohlfeilen Wahnsinn, der mit wachsender Begeisterung Hören und Sehen vergehen lässt.

Die gekonnte Implosion des Seelenlebens treibt diesen spannenden Einstand an. Was Moor hier präsentieren, geht an die Substanz und erweitert das, was gemeinhin unter Doom läuft – sicher etwas vertraut und doch zu jeder Zeit mit klarer eigener Handschrift. „Heavy Heart“ macht seinem Namen alle Ehre, wühlt auf und sucht nach einer Form der Katharsis, die ausbleibt. Was für ein Vermächtnis, aber zugleich hoffentlich auch ein deutliches Anzeichen dafür, dass es weitergeht, denn Moor debütieren grandios.

Wertung: 8/10

Erhältlich ab: 17.05.2023
Erhältlich über: Blood Blast Distribution

Facebook: www.facebook.com/moormetal

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Category: Magazin, Reviews

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