When Waves Collide – Chasm
When Waves Collide wollen in die Fußstapfen so illustrer Bands wie Tides From Nebula und Russian Circles treten. Das Quartett aus Paris versteht sich auf rein instrumentalen Post Rock, der Atmosphäre und Spannungsbögen mit feinsinnigen Texturen verwebt. Nach ein paar Singles und Kleinformaten sind die erst 2017 zusammengekommenen Franzosen bereits bei ihrem ersten Album angelangt. „Chasm“ befasst sich mit einer Kultur am Rande des Zusammenbruchs und begleitet sie über sechs Kapitel von ersten Anzeichen und Omen des drohenden Untergangs bis zum bitteren Ende.
Entsprechend ist „The Fallen“ nicht nur der Auftakt für diese Platte, sondern auch der Anfang vom Ende. Bedeutungsschwangere Gitarren, helle Melodien und dichte Atmosphäre mit dezent synthetischer Note wecken nicht zum letzten Mal Erinnerung an etwas ältere Collapse Under The Empire-Platten, die Intensivierung des Geschehens kommt dafür plötzlich und schroff. Distortion hebt sich vom Rest des Arrangements stark ab, die Gitarren reißen den Track hin und her, der dramaturgische Bogen wäre gespannt. Das abschließende „Stranding“ bemüht sich hingegen um kurze Schlichtheit, spielt mit interstellarer Melancholie und Effekten – ein krasser Bruch, der sich prima vom Rest des Albums abhebt.
„Chimera“ entpuppt sich als weiterer Leckerbissen. In diesen sieben Minuten toben sich When Waves Collide kreativ aus, ohne dabei über die Stränge schlagen. Die klassische Post-Rock-Eruption bleibt aus, stattdessen arbeitet das Quartett mit eng verwobenen Texturen und aufwühlender Atmosphäre. Selbst der knappe, fanfarenartige Mini-Ausbruch zu Beginn des zweiten Drittels rüttelt daran nicht. Hingegen bewegt sich „Cataclysm“ in deutlich klassischeren Genre-Mustern, wie sie unter anderem auch pg.lost gerne heranziehen; etwas schroffer, etwas kälter, höchst wechselhaft und unberechenbar.
Natürlich ist „Chasm“ verdammt kurz, 29 Minuten sind gerade im Post-Rock-Bereich ein Hauch von Nichts, doch haben When Waves Collide ihre erste (Kurz-)Geschichte damit prima auserzählt. Und zwar mit erstaunlicher Routine für eine so junge Band, denn die dichten Texturen mit ihren Soundtrack-artigen Vibe liefern einen exquisiten Gegenpol zur gelegentlichen Wucht und verzerrten Entstellung. Ein paar kleinere Übergänge, beispielsweise im Opener „The Fallen“, könnten noch ein wenig Feinabstimmung gebrauchen, aber das ist Meckern auf hohem Niveau. When Waves Collide liefern einen exquisiten Post-Rock-Einstand, der mit seiner Strahlkraft nicht so schnell loslässt.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 23.04.2021
Erhältlich über: Antigony Records
Facebook: www.facebook.com/WhenWavesCollide
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