Kauan – Ice Fleet

| 5. April 2021 | 0 Comments
Kauan

(c) Alina Belova

Eine ukrainische Band zieht nach Estland und singt auf Finnisch – alleine das macht Kauan bereits überaus spannend. 2005 in Tscheljabinsk gegründet, fühlte sich die einzige Konstante Anton Belov früh von finnischen Metal-Lyrics angezogen und entwickelte ein Projekt, das unzählige (musikalische) Inkarnationen durchmachte. Seit 2017 schraubt man die Metal-Anteile deutlich zurück und arbeitet mit neuen narrativen Strukturen, die durchaus an Post Rock erinnern. Genau da macht „Ice Fleet“ nun weiter.

Die neue Platte befasst sich mit dem Fund gefrorener Schiffe am Nordufer der UdSSR in den 1930er Jahren und basiert auf echten Ereignissen und Briefen, von einem 40seitigen Tabletop-RPG-Abenteuer zur direkten Interaktion mit der Geschichte begleitet. Kauans bislang ambitioniertestes Album wagt sich weiter hinaus denn je und hievt den aktuellen Post-Rock-Ansatz in neue Sphären. „Taistelu“ verbindet sägende, schroffe Gitarren mit fragilem Feinsinn, der durchaus klassische Energie in sich trägt und mit dem Piano sogar Soundtrack-Dimensionen annimmt. Das erinnert nicht nur thematisch im besten Sinn an We Stood Like Kings.

„Raivo“ entpuppt sich schnell als Meisterwerk dieses Albums und hält die Spannung tatsächlich und spielerisch über die gesamten acht Minuten. Aus dem fragilen Brodeln erheben sich schnell majestätische Klangbögen und kraftvolle Post-Rock-Fanfaren, in weiterer Folge gekonnt verdichtet und durchaus proggig ausgelegt. Dezentes 70s-Flair macht Platz für neue Höhepunkte und eine großartige, singende Gitarre. Apropos singend: Vocals bleiben eine Seltenheit. Neben ein paar Growls und Spoken-Word-Parts fällt vor allem der Frauengesang in „Ote“ positiv auf. Kauan erzeugen eine bewegende, aufwühlende Atmosphäre und bemühen sich um gemischte Gefühle, von etatmäßig sägenden Gitarren geschickt eingerahmt.

Schwierig und doch wunderschön, das trifft es wohl am besten. Nur wenig bleibt von den Wurzeln der Band, seltene Momente gequälter Stimmbänder und finsterer Atmosphäre vielleicht, doch rundherum sind Kauan längst in gänzlich neuen Sphären angekommen. „Ice Fleet“ ist ein narrativer Leckerbissen geworden, der auf gekonnte Weise Stimmungen transportiert, die frostige Hoffnungslosigkeit mit einst lieblichen, fast schon überschwänglichen Erinnerungen kreuzt und letztlich doch die Finalität der Existenz anerkennt. Mit dieser aktuellen Ausrichtung erreicht Anton Belov neue, verdiente Höhen und setzt abermals musikalische Glanzlichter.

Wertung: 8/10

Erhältlich ab: 09.04.2021
Erhältlich über: Artoffact Records (Membran)

Website: kauanmusic.com
Facebook: www.facebook.com/kauanmusic

Teile diesen Artikel

Tags: , , ,

Category: Magazin, Reviews

Demonic-Nights.at - AKTUELLES