City Of Caterpillar – Mystic Sisters

| 29. September 2022 | 0 Comments
City Of Caterpillar

(c) Reid Haithcock

2002 nahmen City Of Caterpillar ein Album auf, nur um im Folgejahr wieder von der Bildfläche zu verschwinden. Als man 2016 einen Reunion-Gig mit ein paar Freunden in Virginia plante, war die Resonanz überwältigend. Daraus wurde eine Tour der US-Ostküste, gefolgt von Abstechern nach Europa und Japan. Besagter Einstand wurde zum Kultwerk und gilt nach wie vor als Post-Screamo-Blaupause, die unter anderem Bands wie Envy beeinflussen sollte. Nun wagte man sich ein weiteres Mal ins Studio. „Mystic Sisters“, ist nicht einfach nur ein Nachfolger nach 20 Jahren, sondern zugleich die logische Weiterentwicklung einstiger Ikonen.

Dass sich in den letzten beiden Jahrzehnten einiges getan hat, zeigt bereits der überlange Opener „Thought Drunk“. Acht Minuten lang arbeiten City Of Caterpillar auf eine Explosion zu, die es so nicht gibt. Dafür sorgt unter anderem Gast Johnny Ward, dessen noisige Violine immer wieder in den Mix grätscht und vor allem die zweite Hälfte entfremdet. Davor wartet ein fieberhafter Aufbau, der auf kauzige Weise zerschossen wird. Ähnlich nervöse Energie findet sich im Titelsong, der erst spät aus sich herausgeht. Nach ellenlangen Post-Rock-Aufbauten und Ambient-Anteilen zuckt das US-Quartett ganz heftig, kokettiert mit sperrigen Post-Hardcore-Husarenritten, nur um letztlich doch zu kollabieren.

In den kürzeren Episoden kotzen sich die Herren aus Richmond, Virginia so richtig aus. „In The Birth Of A Fawn“ erinnert an die Blood Brothers ohne Helium, während „Decider“ über weite Strecken an das wegweisende Debüt anknüpft. Post-Screamo muss möglichst komplex und verschachtelt ausfallen, zuckt immer wieder und dreht komplett am Rad. Das ist unangenehm, aber auf geniale Weise – fast schon Math, aber alles andere als berechnend. Der stete Spannungsaufbau von „Manchester“ kommt ebenfalls gut, treibt Schweißperlen auf die Stirn und verhaspelt sich am laufenden Band. Und dann sind da noch die feinsinnigen Klangteppiche von „Ascension Theft… (Gnawing Of The Bottom-Feeders)“, die so etwas wie Hoffnung wecken und Schönklang fördern.

Hörbar durchgeknallt und Spaß dabei: City Of Caterpillar verzichten auf Nachlassverwaltung, bemühen aber trotzdem vertraute Klänge. Das gelingt, weil man nicht auf der Stelle tritt und einen feuchten Kehricht auf Erwartungen gibt. „Mystic Sisters“ schwebt oft minutenlang zwischen den Wolken, auf der Suche nach dem perfekten Moment, nur um kauzig zum Rundumschlag auszuholen, um sich in Noise-Schluchten zu stürzen, um nervös zu eskalieren und doch stets gefühlvoll zu bleiben. Das US-Quartett löst sich keinesfalls von seinen Post-Screamo-Wurzeln, kommt mit rockigen Einflüssen, mit Hardcore-Ideen und mit epischem Sperrfeuer um die Ecke, spielt sich von Erwartungen frei und gibt ein kräftiges Lebenszeichen von sich. Das mag verständlicherweise nicht ganz so revolutionär wie damals klingen, weil sich die Musikwelt weiterdrehte, macht aber unheimlich Laune und lässt ganz viel Liebe sowie Details entdecken. Unverhofft kommt oft, und zwar doppelt und dreifach schön.

Wertung: 8/10

Erhältlich ab: 30.09.2022
Erhältlich über: Relapse Records (Membran)

Bandcamp: cityofcaterpillar.bandcamp.com
Instagram: www.instagram.com/cityofcaterpillarofficial

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Category: Magazin, Reviews

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