Agent Fresco – Destrier

| 7. August 2015 | 0 Comments
Agent Fresco

(c) Marino Thorlacius

Die Aufnahmen zu „Destrier“, dem zweiten Album der isländischen Prog- / Art-Rock-Wunderwuzzis Agent Fresco, wurden für Sänger Arnór Dan Arnarson zur Qual. Vor ein paar Jahren wurde er in seiner Heimat überfallen und verprügelt. Fortan schlug sich Dan Arnarson mit Angstzuständen, Schlaflosigkeit und Panikattacken herum, infolge dessen er sogar kurzzeitig seine Stimme verlor. Songwriting- und Recording-Sessions wurden zur Zerreißprobe, womit auch erklärt wäre, warum man auf dieses Album fünf Jahre warten muss. Besagtes Warten, aber, hat sich gelohnt.

Welcher der zahlreichen Momente letztlich zum Knackpunkt reift, darüber darf freilich diskutiert werden. Aus Dan Arnarsons Sicht ist es vermutlich das nur 96 Sekunden lange „Angst“. Zunächst von sich windenden, entfernt an The Mars Volta erinnernden Gitarren und seiner glockenhellen Stimme bestritten, übermannen ihn plötzlich die Emotionen. Wütende, verzweifelte Schreie arten in Schluchzen aus, Stakkato-artige Attacken zerstören das betörende Idyll und bearbeiten es mit einer scharfkantigen Axt. Der Sänger und Protagonist sackt schließlich zusammen, der Ambient-Track „Death Rattle“ mit kristallklaren Vocals und die ausladende, überwiegend instrumentale Reprise „Mono No Aware“ bringen das zweite Album zu einem versöhnlichen Abschluss.

Spektakulär gestaltet sich das Geschehen aber schon lange vor diesem Zusammenbruch. Auf den zerbrechlichen Opener „Let Them See Us“ folgen drei der vielleicht besten Songs dieses Albums. „Dark Water“ spielt mit Art-Rock- und Pop-Elementen, erinnert immer wieder an The Intersphere und Nihiling, arbeitet mit den dramatischen Gesten von Muse und dem Prog-Verständnis von Oceansize. Das verkopfte „Pyre“ hoppelt in verstohlener Circa Survive-Manier über ein schlichtes wie geniales Arrangement, bevor der Titeltrack „Destrier“ Wutausbrüche und Panikattacken mit melodischem Feinsinn verbindet und damit stellvertretend für Dan Arnarsons Seelenleben zum Zeitpunkt der Aufnahmen steht.

Und doch gibt es auf „Destrier“ noch so vieles zu entdecken: das kleine Modern-Prog-Meisterwerk „The Autumn Red“, das an die Anfänge von Leprous erinnert und dezente Djent-Schlagseite aufweist; das energische, treibende, epische „See Hell“; das fragile und doch spannungsgeladene „Wait For Me“. Die Aufzählung könnte endlos sein, schließlich lassen Agent Fresco auf ihrem zweiten Studiowerk kaum Schwächen erkennen. Den Isländern ist es abermals gelungen, private Tragödien in eine musikalische Offenbarung zu verwandeln. „Destrier“ ist schon jetzt heißer Anwärter auf das Album des Jahres.

Wertung: 9/10

Erhältlich ab: 07.08.2015
Erhätlich über: Long Branch Records (SPV)

Website: www.agentfresco.is
Facebook: www.facebook.com/agentfresco

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Category: Magazin, Reviews

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