Heretoir – Solastalgia

| 17. September 2025 | 0 Comments
Heretoir

(c) Anne C. Swallow

Es werde Licht: Bald 20 Jahre nach der Gründung als Soloprojekt befinden sich Heretoir auf einem spannenden Höhenflug. Mit „Nightsphere“ widmete sich das bayrische Quintett vor zwei Jahren vor allem finsteren, grimmigen Tönen und gestaltete seinen Post (Black) Metal gerne mal etwas abstoßender. Davon will man sich nun zwar nicht gänzlich verabschieden, stellt sich aber musikalisch bewusst breiter auf. Melancholie, Hoffnung und Empathie als entscheidender Faktor begleiten „Solastalgia“.

Songs wie „Dreamgatherer“ bringen diesen verfeinerten Ansatz unfassbar stark auf den Punkt. Dabei dauert es eine ganze Weile, bis der Achtminüter so richtig auf Touren kommt. Dann werden die Arme jedoch möglichst weit ausgebreitet, von magischem Klargesang und hymnischen Melodien ausgestaltet. Nach und nach gesellt sich mehr Härte dazu, darf sich typischer Post Black Metal unter Shoegaze-Ansätze mischen und das Geschehen immer wieder verfremden. Hingegen kommt „The Ashen Falls“ von Beginn an nicht ohne die obligatorischen Schattenseiten des eigenen Daseins aus, wiederholt von gewaltigen Druckwellen in die Knie gezwungen und doch stets die Stirn bietend. Der Spoken-Word-Part mittendrin sorgt für Gänsehaut.

All das sind nur Momentaufnahmen, wie im Grunde das gesamte Album eine Sammlung solcher ist. Der Titelsong breitet sich mehr als neun Minuten lang aus und scheint immer größer zu werden. Während der Grundtenor eher gemächlich, stellenweise fast doomig ausfällt, darf sich der Track selbst wiederholt häuten – mit brachialen Eruptionen und verträumter Anmut. Das Understatement von „The Heart Of December“, das zu einem fast proggigen Hauptteil führt und mit ungebrochener Intensität traumwandelt, ist mindestens so stark wie das Epos „Season Of Grief“, dessen greifbare Trauer wieder und wieder durch die Decke geht und die wohl härtesten, brutalsten Momente des gesamten Albums bietet.

Das hier ist mit Sicherheit nichts für schwache Nerven, ganz im Gegenteil: In der geschmackvollen Überlänge entdecken Heretoir ein erstaunliches Plus an Kraft und breiten majestätische Schwingen aus. „Solastalgia“ ist keinesfalls der komplette Abschied von Härte und Finsternis, bloß deren Evolution. Denn mit dem ungefilterten, konzentrierten Umgang mit Emotionen genießt das bayrische Quintett verdienten Rückenwind, wirkt größer und monumentaler, dabei weiterhin sympathisch rabiat und bedrohlich. Die konsequente Überforderung entwickelt sich einmal mehr zur absoluten Stärke einer spannenden Truppe, die an der Schwelle zum ganz großen Wurf steht. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit.

Wertung: 8/10

Erhältlich ab: 19.09.2025
Erhältlich über: AOP Records (Edel)

Website: www.heretoir.com
Facebook: www.facebook.com/heretoir

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Category: Magazin, Reviews

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