Erra – Cure
Nur wenige Bands haben ein derart ausgeprägtes Verständnis für futuristischen Metalcore wie Erra. Das US-Quintett verfügt über ein ausgeprägtes Faible für die progressive Seite des Genres und lebt dieses mit wachsender Begeisterung aus. Auch ihr mittlerweile sechstes Studioalbum bemüht den Bruch mit gängiger Formelhaftigkeit und bemüht stattdessen den Mittelweg zwischen Brachialgewalt, feiner Melodik, progressiven Klangflächen, dichter Atmosphäre und technischer Versiertheit. „Cure“ hievt diesen spannenden Mix auf ein neues Level.
Tracks wie „Idle Wild“ treffen diese goldene Mitte mit erstaunlicher Präzision. Forsche, frontale Attacken mit Djent-Untertönen und wütenden Unclean Vocals treffen auf eingängigen, lebhaften Klargesang, nur um wenig später von dichter Atmosphäre und intensiver Sinnsuche abgelöst zu werden. Das Geschehen wirkt stetig hin und her, nervös und dabei doch so bestimmt. Songs wie „Crawling Backwards Out Of Heaven“ sind hingegen eher eine Seltenheit, weil es hier über weite Strecken einfach ’nur‘ um den kompromisslosen Abriss geht, der alles in Schutt und Asche legt. Selbst atmosphärisch-synthetische Einschübe und etwas ominöser Klargesang machen in dieser ruppigen Präsentation absolut Sinn.
Das gilt auch für den eröffenden Titelsong „Cure“, der das technische Können des US-Quintetts in den Mittelpunkt rückt und trotz hymnischer Parts vor allem um Druck und rohe Energie bemüht ist, wenngleich das Tempo in moderaten Gefilden verbleibt. Der omnipräsente Widerspruch wird zum Kunststück, auch in experimentelleren Nummern wie „Slow Sour Bleed“. Mehr Elektronik und sogar ein paar vereinzelte Beats treffen auf Düsternis, die schließlich der ungezügelten Wucht und Wut Erras weicht. Die kommt auch in „Pale Iris“ immer wieder durch, das forsche Attacken reitet und am Höhepunkt doch zum großen, überdimensionalen Refrain findet. Klar, das ist vergleichsweise typisch für Metalcore, macht deswegen aber nicht weniger Laune.
Die sprichwörtliche Summe der einzelnen Teile findet nun endlich und endgültig zusammen, at last. Dass Erra das nötige Talent und Können haben, um ihre unzähligen Ideen auf ein packendes, überdimensionales Album zu bannen, war schon länger klar, doch schafft es „Cure“ nun, dieses Potenzial zu realisieren. Knapp 50 Minuten, bis oben hin voll mit experimentell-progressivem Metalcore, wagen viel und gewinnen auf ganzer Linie. Mehr Härte, mehr Synthetik und ein hörbares Investment in deutlich dichtere Atmosphäre bekommen der US-Band verdammt gut. Erra greifen endlich nach dem Thron und etablieren sich als absolute Meister ihres Fachs.
Wertung: 9/10
Erhältlich ab: 05.04.2024
Erhältlich über: UNFD (Membran)
Website: erraband.com
Facebook: www.facebook.com/Erra.music
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