Jesus Piece – …So Unknown
So etwas wie einen konkreten Plan gab es bei Jesus Piece eigentlich nie. Der Name kommt von einem religiösen Schmuckstück, weil man Metalklischees vermeiden wollte, der Sound ergab sich aus artikulierter und explosiver Brutalität, und Vorstellungen zu Tour- sowie Labelpartnern fügten sich eher zufällig zusammen. So steht man für den Zweitling urplötzlich bei Century Media unter der Vertrag, was dem Mix aus Metalcore, Hardcore, Beatdown und kanalisierter Wut eine verdiente große Bühne gewährt. Der Albumtitel passt hingegen wie Faust aufs Auge: „…So Unknown“.
Wütende, entstellte Shouts und Growls führen in media res, wenn das eröffnende „In Constraints“ die erste von zehn Dampfwalzen auspackt. Der Core-Sound hat stellenweise Beatdown-Energie, ebenso metallischen Biss und versteht sich zugleich in Hardcore-Tradition – ein dissonanter, schwer zu greifender Hassbatzen, der schon mal rasend schnell süchtig machen kann. Hier schließt „Fear Of Failure“ direkt an. Ein weiteres drückendes Riff torpediert sämtliche Sinne gleichzeitig, während ein heiserer, giftiger Aaron Heard unheilvoll durch das Geschehen führt und alles mit wachsender Begeisterung versenkt.
Dieses nahezu konstante Operieren am Anschlag hat Methode, wie das wiederholt explodierende „An Offering To The Night“ sehr eindrucksvoll unter Beweis stellt. Hinter dem Bollwerk verbirgt sich Nervengift, die donnernden Drums leben Zerstörungswut aus und bereiten auf den nächsten kapitalen Zusammenbruch mit spürbarer Wonne vor. „Silver Lining“ reißt etwas aus, nimmt sich vergleichsweise epische vier Minuten Zeit und fährt das Tempo immer wieder runter. Der Beatdown-Groove bekommt Jesus Piece gut und entfaltet zähe, ungemütliche Energie. Wenn die Gitarren für sich stehen und in der Schlusminute um Erlösung wimmern, geht das ans Nervenkostüm.
Im omnipräsenten Spagat zwischen Sein und Schein ergibt sich wahrlich großes Kino. Weiterhin spielt die große Unbekannte mit, während die Band um Fassung ringt. Es braucht keine halbe Stunde zum Glück, wenn Jesus Piece den Dreschflegel anwerfen. „…So Unknown“ strapaziert das Nervenkostüm und stellt vor überdimensionale Herausforderungen, stets lohnenswert und reich an Erkenntnissen des Wahnsinns. Derbster Core trifft auf Katharsis mit der Brechstange – das sollte eigentlich nicht funktionieren, macht aber unheimlich viel Laune.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 14.04.2023
Erhältlich über: Century Media (Sony Music)
Website: www.jesuspiecehc.com
Facebook: www.facebook.com/JesusPieceHC
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