Ascension Of The Watchers – Apocrypha

| 6. Oktober 2020 | 0 Comments
Ascension Of The Watchers

(c) Dissonance Productions

Die Situation um Fear Factory als kompliziert zu bezeichnen, ist wohl mehr als ein Understatement. Dino Cazares gab kürzlich an, den Rechtsstreit um den Bandnamen gewonnen zu haben. Ein Fundraiser soll für die Gerichtskosten aufkommen, neue Musik folge im kommenden Jahr. Burton C. Bell, Cazares‘ Mitstreiter, ist damit alles andere als einverstanden und nahm schließlich seinen Hut. Der nunmehr ehemalige Sänger der Industrial-Legenden treibt dafür nach über einem Jahrzehnt Stille seinen düsteren Nebenschauplatz Ascension Of The Watchers voran. Zwischen Kalifornien, Pennsylvania, New York und Wales nahm die Dreierachse unter widrigsten Umständen auf – die Platte wurde durch Crowdfunding komplett finanziert, bevor Pledgemusic bankrott ging und keine Auszahlung erfolgte. Vielleicht klingt „Apocrypha“ gerade deswegen so energisch.

Wer Burton C. Bell bislang nur von Fear Factory kennt, dürfte überrascht sein, denn der Sound des Trios bewegt sich irgendwo zwischen Gothic, Dark und Alternative Rock mit ein paar Industrial- und Post-Punk- sowie Ambient-Elementen. Das eröffnende „Ghost Heart“ bringt das Gros der hier vertretenen Einflüsse auf den Punkt, irgendwo zwischen süffiger Schwere und willkommener Leichtigkeit. Bell singt natürlich anders, wesentlich klarer und leichter, während das Stampfen im Refrain zumindest halbwegs vertraut wirkt. Pure Düsternis in den Strophen mit fatalistischen Untertönen und eine mächtige Gesangsmelodie im Hauptteil rittern um die eingängige Wette, dazwischen setzt es angenehm fluffige Elektronik und die zeitlose Suche nach dem Sinn des Lebens in einem melancholisch veranlagten Universum.

Mit knapp 65 Minuten Spielzeit fällt dieses Studio-Comeback mächtig aus, und nicht jeder Song hätte es auch auf Platte schaffen müssen. Gerade „Honoree“ mit seinen Vocoder-Ausflügen und der überaus seichten, kitschigen Melodie fällt negativ auf, auch das Terence Trent D’Arby-Cover „Sign Your Name“ am Schluss ist bestenfalls brav. Letztlich überwiegen die starken, packenden Exkurse deutlich. So zeigt „Key To The Cosmos“, wie reduzierte und semi-balladeske Klänge funktionieren können – auch hier setzt es ein wenig 80s-Kitsch, bloß geschmackvoll – während „A Wolf Interlude“ die Kraft des Openers einen emotionalen Malstrom hinabzieht. Das majestätische, erhabene „The End Is Always The Beginning“ und das kantige, beinahe metallisch veranlagte „Stormcrow“ leisten zudem ordentlich Überzeugungsarbeit und rücken jegliche schiefe Optik souverän gerade.

Ganz ohne Ausschussware klappt es leider nicht, das lässt sich aber verwinden. Blendet man die ein, zwei verzichtbaren Songs aus, so ist „Apocrypha“ ein richtig gutes Album geworden. Die hohe Intensität, gerade in „Ghost Heart“ und „Stromcrow“, zählt zum Besten, was jemals unter dem Namen Ascension Of The Watchers erschienen ist. Knisternde Spannung von der ersten Sekunde an, geschmackvolle Düsternis und, ja, selbst der eine oder andere etwas seichtere Moment ergeben zusammen eine meist unwiderstehliche Mischung. Bell und Co. toben sich aus, vielleicht nicht immer souverän, dafür aber ehrlich und gewissermaßen charmant. Fear Factory hin oder her – gut, dieses Projekt zurückzuhaben.

Wertung: 8/10

Erhältlich ab: 09.10.2020
Erhältlich über: Dissonance Productions / Plastic Head (Soulfood Music)

Facebook: www.facebook.com/AoTWBand

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Category: Magazin, Reviews

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