Svalbard – When I Die, Will I Get Better?

| 24. September 2020 | 0 Comments
Svalbard

(c) Tim Birkbeck

Es fällt schwer über das neue Album von Svalbard zu sprechen, ohne dabei das unrühmliche Ende ihres früheren Labels zu erwähnen. Knapp drei Wochen vor Release der Platte wurden schwere Vorwürfe gegen den Gründer und Eigentümer bekannt. Alle Mitarbeiter und Bands distanzierten sich und kappten jegliche Verbindung, Svalbard standen kurzfristig ohne Vertriebsweg da, obwohl einige Tonträger bereits an Händler ausgeliefert waren. Mit einem neuen Label im Rücken und ganz viel Eigenantrieb landet „When I Die, Will I Get Better?“ dennoch recht pünktlich – mutig und vollkommen richtig gehandelt. Schließlich darf diese Perle der Öffentlichkeit auf keinen Fall vorenthalten werden.

Zu den zentralen Themen dieser Platte zählen Sexismus, Missbrauch und mentale Gesundheit auf diesem Ritt durch die Abgründe der menschlichen Psyche. Ein Track wie „What Was She Wearing?“ lässt alleine schon aufgrund des Titels mehrere Deutung und Auslegungen zu. Der wunderbare Post Rock-Aufbau mit nachdenklichen, emotional aufgeladenen Spannungsbögen und einer späten Eruption in bester, schroffer Envy-Manier passt natürlich wie Arsch auf Eimer. Überhaupt gehen Svalbard auf diesem Album noch besser mit der ohnehin bereits gut ausgeprägten Laut-Leise-Dynamik um. Ihr „Click Bait“ fährt durch Mark und Bein zwischen klaren, bittersüßen Harmonien, schrillen Gitarren, epischen Gitarrenwänden und wütenden Wellen des Schmerzes mit schwarzmetallischen Untertönen.

Überhaupt wenden sich die Briten stärker denn je dem großen Post-Suffix zu, vermehrt in metallischen Gefilden verankert. So mutiert „Listen To Someone“ ohne Umschweife zur Monstrosität, die beim zweiten Blick beeindruckenden Tiefgang offenbart. Zwischen aggressiven, frustrierten Shouts und geradezu engelsgleichem Gesang bringt dieses Brett alles mit, während rundherum fragile Schönheit gegen harsche Klippen geschleudert wird. Das folgende „Silent Restraint“ klingt im Vergleich dazu linear und geradlinig. Hier setzt es so etwas wie einen Refrain samt peitschender Hook. Je länger der Track dauert, desto bissiger und komplexer wird er. Die finale Auflösung von „Pearlescent“ mit stellenweise geradezu meditativen Post-Rock-Klängen reißt ähnlich mit.

Endlich haben Svalbard ihr nächstes musikalisches Level erreicht, und das darf nun wirklich nicht von jüngsten Ereignissen überschattet werden. Die Briten müssen nicht erst zum titulären Ableben warten, um besser zu werden, sie sind schon jetzt großartig. „When I Die, Will I Get Better?“ zieht die Stellschrauben an, wirkt in seiner Gesamtheit deutlich wuchtiger und erhabener, verzaubernder und fragiler. Der große Spagat zwischen klirrender Schönheit und erschüttender Rage findet seine vorläufige Formvollendung und sollte das Sprungbrett für noch höhere, mehr als verdiente Weihen sein.

Wertung: 9/10

Erhältlich ab: 25.09.2020
Erhältlich über: Church Road Records

Website: svalbard.bandcamp.com
Facebook: www.facebook.com/svalbarduk

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Category: Magazin, Reviews

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