Split Chain – motionblur

| 11. Juli 2025 | 0 Comments
Split Chain

(c) Ashlea Bea

Ursprünglich als Mittel zur Verarbeitung selbstzerstörerischer Gedanken gegründet, wuchsen Split Chain im Laufe der Jahre zur kompletten Band, die mit ihrem Sound das weiterhin aktuelle Revival von Klängen aus den 90ern und frühen 2000ern bedient, ohne jedoch am Rockzipfel zu nagen. Ihre bisherigen Singles wurden über 20 Millionen Mal gestreamt, man tourte fleißig durch die britische Heimat, durch Europa und die USA, und durfte sich an einem kleinen Hype erfreuen. Diesen will das Quintett aus Bristol auf seinem ersten kompletten Album rechtfertigen. Exakt das gelingt „motionblur“, einer Platte über das Erwachsenwerden und die großen Entdeckungen der eigenen Kindheit und Jugend.

Split Chain lebten und atmeten dieses Album einen ganzen Dezember lang, schliefen zumeist im Aufnahmeraum, hatten mit inneren Spannungen zu kämpfen und brachten diese letztlich in den Mix aus Nu Metal, Shoegaze, Grunge und Post-Hardcore ein. Ein Song wie „I’m Not Dying To Be Here“ macht diese ab der ersten, wundervoll ominösen Sekunde greifbar. Beherzt tanken sich die Briten durch den wütenden und verwaschenen Track. Als Inspiration werden Deftones, Superheaven und Narrow Head genannt – die perfekten Paten für ein wütendes, verzweifeltes und doch sanftes Album, das mit seinem Innersten ringt und, wie in diesem Fall, widersprüchliche Gefühle durch das Nadelöhr der Katharsis drängt. Bert Martinez-Cowles‘ Stimme trägt Schmerz und Hoffnung in sich, nicht nur in diesem Exkurs.

Sondern auch in Frontalangriffen wie „Subside“, deren metallische Dissonanzen so krass wie selten ausfallen, sich regelrecht auskotzen und letztlich doch wieder zu dichten melodischen Texturen finden. Und wieder zurück – ein angenehm sperriges Stück Musik. Wie „Under The Wire“ seine Drums erstaunlich vertrackt auftreten lässt und mit einer rauen Gesangsmelodie verbindet, ist mindestens so groß wie das treibende, eingängige „who am i?“. Eine erstaunlich poppige Melodie trifft auf wütende Nu Metal-Energie. Hingegen gibt sich „my mistake…“ endlosen Schleifen hin und arbeitet in Richtung großes Crescendo – das kennt man so eher aus Post-Rock-Gefilden.

Doch bleibt vor allem ein Album, das in seiner Gesamtheit überzeugt, wie aus einem Guss wirkt und sich direkt in Herz und Hinterstübchen einbrennt. Split Chain kommen laut eigenen Angaben aus einer Zeit, in der man nicht nur einzelne Songs, sondern komplette Platten hörte, und wollten diese Uniformität, dieses große Ganze für „motionblur“ realisieren. Exakt das ist ihnen letztlich auch gelungen, ohne Frage. Dass es sich hierbei um einen Erstling handelt, verblüfft erst recht, glaubt man hier doch echte Veteranen zu hören, erfahrene Meister ihres Fachs. Die immersive Arbeit an diesem Album macht sich hörbar bezahlt – wuchtig, intensiv, verstörend, bezaubernd, erschütternd, mitreißend und gefühlvoll, gerne sogar gleichzeitig. Split Chain haben das Zeug für die großen Bühnen. Das hier ist von vorne bis hinten fantastisch.

Wertung: 9/10

Erhältlich ab: 11.07.2025
Erhältlich über: Epitaph Records (Indigo)

Website: www.splitchain.uk
Facebook: www.facebook.com/splitchainband

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Category: Magazin, Reviews

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