The Keening – Little Bird
Ein Ende kann auch ein Anfang sein. Beides war für Rebecca Vernon 2018 gekommen, als sie SubRosa nach 13 überaus fruchtbaren, musikalisch begeisternden Jahren einstampfte, um neue Ufer zu erschließen. Während ihre früheren Mitstreiter*innen vor einem Jahr als The Otolith überaus erfolgreich debütierten, legt Vernon als The Keening nun solo nach und erinnert dabei an die folkige, reduzierte Seite, die ihre ehemalige Band unter anderem bei Roadburn-Auftritten kultivierte. Faszinierende, anziehende Düsternis begleitet das erste Album „Little Bird“.
Die beklemmende Magie von „Eden“ bringt diese Solo-Vision wunderbar auf den Punkt, erhebt sich nur sehr langsam und behäbig aus dem Dickicht. Vernons ikonische Stimme lässt alle Fäden zusammenlaufen, flüstert, säuselt, fordert, gibt den Takt vor. Aus dem Nichts bäumt sich das folkige, todtraurige Kleinod auf, wird laut bis metallisch, in allerlei Düster- und Post-Gefilden fischend. Natürlich erinnert das schon mal an SubRosa, nicht zuletzt ob der Vocals, doch schwingt hier ein reduzierter Ansatz der einstigen großen Alben mit. Das verwunschene, zaghafte Finale überrascht mit großer Emotionalität.
Am Ende wartet ein Gigant: „The Truth“ bringt über 17 Minuten auf die Klangwaage und nimmt sich alle Zeit der Welt, um seine Vorzüge auszuspielen. Hier kommt das Besondere von The Keening zur Geltung, ein wunderbares Wechselspiel aufs Wesentliche komprimierter Laut-Leise-Dynamik. Vernon schlägt im Quasi-Hauptteil etwas schärfere Töne an, wird lauter, fast schon barsch, lenkt dennoch zu keiner Zeit von der bitteren Süße des Geschehens ab. Wenn im Schlussdrittel opernartiger Gesang auftaucht und die Folk-Arie in ein Finale der stillen Endlosigkeit trägt, fällt die eine oder andere Träne.
Unerwartet, unverhofft, und doch so verdammt gut: The Keening erinnert natürlich an das vergangene Betätigungsfeld, ohne jedoch auch nur im Geringsten in der Vergangenheit hängen zu bleiben. Stattdessen widmet sich „Little Bird“ frischen Gefilden mit alten Stilmitteln. Der insgesamt ruhigere, folkigere Ansatz bekommt Rebecca Vernons wandlungsfähiger, spannender Stimme sehr gut, und doch bleibt es nicht bei ruhiger, braver Idylle. Monolithische Gebilde, feinsinniges Songwriting und schonungslose emotionale Ehrlichkeit ergeben Magie – gewöhnungsbedürftig, und doch so lohnenswert. Eben exakt so, wie man sich das wohl erhofft hat; ein spannender Einstand mit Grower-Potenzial.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 06.10.2023
Erhältlich über: Relapse Records (SPV)
Facebook: www.facebook.com/thekeeningmusic
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