Shy, Low – Snake Behind The Sun

| 4. Oktober 2021 | 0 Comments
Shy, Low

(c) Shy, Low

Mit Shy, Low erhält ein ewiger Geheimtipp endlich die verdiente Aufmerksamkeit. Seit mittlerweile zehn Jahren veröffentlicht das Quartett aus Richmond im US-Bundesstaat Virgina rein instrumentale Klänge, die um den Behelfsbegriff ‚Post Rock‘ kreisen. Mit dem Wechsel zu Pelagic Records wird nun alles größer. Für ihr neues Album „Snake Behind The Sun“ kündigt die Band einen vielschichtigeren, dreidimensionalen Sound an. Das soll einerseits an Produzent Mike Watts liegen, der sich unter anderem bereits um The Dillinger Escape Plan, Glassjaw und Tides Of Man kümmert, und andererseits an Dylan Partridge, der in der Zwischenzeit vom Session-Musiker zum fixen Drummer aufstieg.

Ihr Album stellten Shy, Low gerade noch rechtzeitig fertig, bevor der Lockdown im Bundesstaat New York einsetzte. Von dieser Hektik der finalen Aufnahmen hört man allerdings rein gar nichts, denn ab der ersten Note des monumentalen Openers „Where The Light Bends“ baut sich die unheimlich intensive Atmosphäre dieser Platte gemächlich auf. Tatsächlich wirkt der Sound in jeder Hinsicht größer und voluminöser, vor allem wenn die Rhythmusabteilung in den ruhigeren Passagen mit luftigen Gitarren konkurriert. Und dann legt sich plötzlich ein imaginärer Schalter um, es wird heavy und druckvoll. Die erste von zahlreichen Entladungen geht auf wundersame Weise an die Substanz.

Die Art und Weise, wie die US-Amerikaner ihren instrumentalen Ansatz gestalten, ringt einiges an Respekt ab. Es geht eben nicht nach Schema F, sondern um geschickte Variationen und kleine Überraschungen. So legt „Fata Morgana“ beispielsweise unheilvoll los mit bratender Intensität und bemüht sich erst später um die etatmäßige Ruhe vor dem Sturm. Mit diesem invertierten Ansatz, der dennoch magische Kaskaden vorbereitet, lassen sich Shy, Low Platz für mehr Härte, die sogar mit Post Metal und Post-Hardcore flirtet. Die letzten zweieinhalb Minuten werden zum gewaltigen Schaulaufen aller Instrumentalisten, ohne dabei die fein gesponnene narrative Struktur zu vernachlässigen.

Ähnlich abwechslungsreich und intensiv bleibt es über die gesamten 53 Minuten. Shy, Low sind Meister der eigenwilligen Erzählstruktur, vermischen Post-Rock-Erwartungen mit ruckartigen Eruptionen, dichter Atmosphäre, feinsinnigem Minimalismus und gekonnten Überraschungen. „Snake Behind The Sun“ baut seine ellenlangen, komplexen Arrangements geschickt auf, bemüht neue Ideen und verwirklicht dennoch das, was einst die Vorväter besonders machte. Wohlige Erinnerungen an frühe Long Distance Calling und Mogwai begleiten einen in jeder Hinsicht epischen Leckerbissen.

Wertung: 8/10

Erhältlich ab: 08.10.2021
Erhältlich über: Pelagic Records (Cargo Records)

Facebook: www.facebook.com/ShyLowMusic

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Category: Magazin, Reviews

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