Point Mort – Le Point De Non-Retour

(c) Jessica Salitra
Der bewusste Styles Clash kann absolut phänomenal sein, auch auf musikalischer Ebene. Exakt das bewiesen Point Mort auf ihren bisherigen Releases. Das Album sowie die beiden EPs des Quintetts aus der französischen Hauptstadt Paris ließ drückenden, schroffen Post Metal und Hardcore mit Pop, Rock, Electro und HipHop kollidieren – sanft und einfühlsam auf der einen, roh und brachial auf der anderen Seite. Auf ihrem Zweitling „Le Point De Non-Retour“ nähern sie sich der perfekten Mischung ein gewaltiges weiteres Mal.
Vergleichsweise kurze, unmittelbare Episoden wie „Skinned Teeth“ unterhalten und vereinfachen. In gerade einmal drei Minuten wagen Point Mort den Vollsprint, angetrieben von Sam Pillays vielseitiger Stimme, die in Verbindung mit den derben und doch bekömmlichen Klängen immer wieder Vergleiche mit Brutus zulässt. Diese bewusst kompakt gehaltene Abrissbirne räumt richtig schön ab, doch typischer sind Giganten wie „Iecur“, das in achteinhalb Minuten mit wechselnden Stimmungen, dichter Atmosphäre und möglichst krassen Stilbrüchen arbeitet. Von Grind-Sprints über trippige Pop-Zwischenwelten bis hin zum Post-Hardcore-Dreschflegel ist hier alles dabei, sogar mit rotem Faden. Die Logik des Wahnsinns zieht sich wie ein roter Faden durch die Giganten.
Ähnlich groß ist „An Ungrateful Wreck Of Our Ghost Bodies“, packt sogar noch zwei weitere Minuten drauf und rattert mit Nachdruck durchs Gebälk. Wenn am vermeintlichen Höhepunkt der Eskalation urplötzlich Pillays Klargesang durchbricht und dem vertrackten Arrangement gewisse Alternative-Rock-Vibes verleiht, ist alles eitel. Was danach folgt, ist absolut abgedreht: Hardcore Punk, doomig angehauchte Breakdowns, düstere, minutenlange HipHop-Beats, infernales Aufbegehren in bester Chelsea Wolfe-Manier und ein hymnisches, dramatisches Finale finden richtig stark zusammen. Hier wird nicht einfach nur ausgerastet und durch x Genres gehastet, weil man es kann, sondern weil es Sinn macht.
Und exakt das ist letztlich die große Stärke von Point Mort, die natürlich musikalisch erst einmal komplett überfordern und das Abgefuckte mit wachsender Begeisterung zelebrieren. Dahinter steckt jedoch Methode, denn die von einer wahren Stimmakrobatin angeführte Band, die stellenweise quasi die Pop-Antwort auf den frühen Extreme-Prog von Between The Buried And Me gibt, besitzt ein beneidenswertes Urverständnis für mächtige Drops, gekonnte Wendungen und knisternde Atmosphäre. Jeder Bruch mit dem musikalischen Status Quo ergibt Sinn und bringt zusammen, was eh nicht zusammenpassen will, gemeinsam jedoch stärker wirkt. „Le Point De Non-Retour“ bietet großes Kino für offene Ohren und verspricht Überforderung mit herrlichem Charme – ein Geheimtipp für besonders Verwegene.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 25.04.2025
Erhältlich über: Almost Famous
Website: www.pointmortband.com
Facebook: www.facebook.com/PointMortBand


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