The Pill – Hollywood Smile
(c) Amin Weber
Vier Veteranen der Frankfurter Musikszene, u. a. ehemals bei Coach und Monochords tätig, fanden sich vor ein paar Jahren, um als Band noch einmal ordentlich Gas zu geben. Die Suche nach einer Stimme blieb lange Zeit erfolglos, bis eine Art Musiker-Dating-App Sängerin Sam fand – beide Seiten hatten den Tag #blackflag angegeben. Als The Pill legen sie mit „Hollywood Smile“ ein erstes Album vor, das – wenig überraschend – Hardcore und Punk miteinander verbindet.
„You think that I’m a girl? / But let me tell you, I am a god“ – mit dieser selbstbewussten Zeile geht das abschließende „Complex“ los, und sogleich durch die Decke. Die Szenepolizei kriegt den Mittelfinger serviert, während der Song sofort Fahrt aufnimmt. Wütender Hardcore Punk mit West-Coast-Charme und einer bärenstarken, dominanten Stimme – in unter eineinhalb Minuten ist schon wieder Schluss, reicht aber auch. Der Titelsong „Hollywood Smile“ gibt sich der Schwerfälligkeit hin, bäumt sich förmlich auf und lässt manisch angehauchte Gitarren Einzug halten. Gepaart mit Sams einnehmendem Erzählstil ist hier alles eitel.
„Somewhere“ ist ein seltener Ausbruch, der sich auf etwas Post-Hardcore und Alternative Rock stürzt. Frühe Dinosaur Jr., etwas Hüsker Dü und sogar Fugazi mischen in diesem Ausreißer mit, und all das steht dem Quintett wunderbar zu Gesicht. Mehr Melodie, mächtiges Gitarrenspiel und eine drückende Rhythmusabteilung nehmen keine Gefangenen. Die Video-Auskopplung „Salaryman“ platziert sich zwischen den Stühlen, serviert zwischenzeitlich derben Hardcore, hat aber ebenso ein Herz für das ‚Rock‘ in ‚Punk Rock‘ – ein unerwartet komplexes Stück Musik, das willkommene Schmerzen bereitet.
Zehn Songs in 20 Minuten rattern in typischer Hardcore-Manier durch, weitere Durchläufe folgen beinahe automatisch. Natürlich hört man die musikalische Inspiration für The Pill heraus, doch entstand (und entsteht) hier eine wunderbar eigene wie eigenwillige Sache, an der es kein Vorbeikommen geben dürfte und sollte. Erfahrene Szene-Musiker und eine spannende Sängerin haben sich hörbar gesucht und gefunden. Zwischen wütenden Abrissbirnen, punkigen Nackenschlägen und kleineren rockigen Exkursen liefert „Hollywood Smile“ einen Dampfhammer nach dem nächsten. Fortsetzung ausdrücklichst erbeten.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 05.04.2024
Erhältlich über: Sounds of Subterrania / Krasser Stoff
Bandcamp: thepill.bandcamp.com
Instagram: www.instagram.com/__thepill__
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