Neurosis – Honor Found In Decay

| 30. Oktober 2012 | 0 Comments

Neurosis

Muss man über Neurosis noch große Worte verlieren? Mehr als zweieinhalb Dekaden dauert die Reise der Metal-Visionäre aus Oakland, Kalifornien bereits an, die Sludge und Post Metal vorantrieben und revolutionierten, ja sogar verdient als Architekten dieser Genres und als wegweisende Band für Generationen an Nachfolgern und Innovatoren gelten. Fünf Jahre nach „Given To The Rising“ steht nun das zehnte Studioalbum „Honor Found In Decay“ in den Läden, dem diverse Soloalben (Scott Kelly und Steve Von Till mögen es offensichtlich gerne folkig) sowie namhafte Nebenprojekte wie Shrinebuilder vorangegangen waren. Dass das sechsköpfige Biest überhaupt Zeit für die Aufnahmen fand, grenzt wohl an ein Wunder. Dass sich gerade im Fall von Neurosis die Wartezeit lohnt, versteht sich ebenso von selbst.

Wenig überraschend erschließt sich „Honor Found In Decay“ nicht nach dem ersten, auch nicht nach dem zweiten oder dem dritten Durchlauf vollends. Es ist dies beinahe zum Qualitätsmerkmal Neurosis‘ geworden, man muss sich mit der Musik intensiv auseinandersetzen, sich darauf einlassen, sie mit allen Sinnen (und – bevorzugt – mit qualitativ hochwertigen Kopfhörern) genießen. Der Opener „We All Rage In Blood“ bockt erst einmal und probt den etatmäßigen Aufstand. So unverbindlich die Gitarren zunächst auch klingen, so hasserfüllt und verstörend fallen die Vocals aus, verleihen kurze Zäsuren dem zähen Soundwall zusätzliche Intensität, der in Selbstaufgabe mündet.

Ein klein wenig haben die Musiker wohl aus ihren Nebenschauplätzen mitgenommen. So taucht in „My Heart For Deliverance“ ein kleiner Space-Rock-Part mit krautiger Schlagseite auf, wie man ihn auch von Shrinebuilder kennen könnte. Natürlich ist das nur ein zartes Intermezzo, ein kurzes Verschnaufen, das sprichwörtliche Auge des Sturms. Weiters haben sich zarte Folk-Elemente eingeschlichen, beispielsweise im Outro von „Raise The Dawn“ oder in den bedrohlich ruhigen Passagen von „Bleeding The Pigs“, die auf das monströse Finale unzureichend vorbereiten; nicht etwa, weil der Aufbau nicht gelungen wäre – bei diesem Wahnsinn hilft eine Vorwarnung schlicht und ergreifend nicht.

Natürlich denken Neurosis gerne ein wenig zu oft um die Ecke, natürlich klingt das stellenweise umständlich, natürlich führen nicht alle Wege nach Sludge-Rom – geschenkt. Wo gehobelt wird, fallen eben auch Späne. Gerade diese Irrwege, dieser latente Wahnsinn, diese Unberechenbarkeit machen „Honor Found In Decay“ so spannend. Auch nach zig Durchläufen entdeckt man Neues, ahnt geschickte Kniffe und Wendungen kaum vorher, lässt sich immer noch überraschen. Man spürt in jeder Note, mit welcher Liebe zum Detail Neurosis ihre Musik schreiben und zelebrieren. Es ist das Handgemachte dieses Albums, dieses Feingefühl, diese Wärme und dieses kontrollierte Chaos, die auch aus „Honor Found In Decay“ einen weiteren potentiellen Genre-Klassiker machen. Man muss sich immer und immer wieder verneigen.

Wertung: 9/10

Erhältlich ab: 26.10.2012
Erhätlich über: Neurot Recordings (Cargo Records)

Website: www.neurosis.com
Facebook: www.facebook.com/officialneurosis

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Category: Magazin, Reviews

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